Too Moch Flesh – Regie: Jean-Marc Barr, Pascal Arnold
Die schönste Anmerkung zu diesem Film stammt bereits von den beiden französischen Filmemachern. „Alles begann mit einem 35-jährigen Mann, der die Sexualität entdeckt“, notierten sie in einem schmalen Heft für die Kritiker. „Sein sexuelles (und nichtsexuelles) Leben wollten wir in eine romanartige Geschichte einbetten. Allzu oft muss der Sex in Spielfilmen ohne jede Geschichte auskommen.“ Mit „Lovers“ hatte Jean-Marc Barr, vielen wohl als autistischer Extremtaucher in Luc Bessons „Im Rausch der Tiefe“ bekannt, 1999 als Regisseur debütiert. Dieser erste Teil seiner sogenannten „freetrilogy“ zeigte grenzenlose, von der Politik beschränkte Liebe. Nun geht es um schrankenlose Lust, die von Neid und Doppelmoral bedroht wird. Er selbst spielt den naiven Farmer Lyle, der aus Erbschaftsgründen mit Amy (Rosanna Arquette) verheiratet wurde. Sie hatten noch nie gemeinsam Sex – ein Gerücht besagt, Lyles Penis sei dafür zu groß.
Tatsächlich benutzt sie seine Hemmungen, um ihre Trauer über den Tod ihrer ersten Liebe zu schützen. Als der schwule Schriftsteller Vernon (Ian Vogt) die junge Französin Juliette (Elodie Bouchez) mit in das amerikanische Provinzkaff Rankin bringt, wird Lyle von der „Touristin des Lebens“ erfolgreich verführt. Die sexuelle Befreiung macht ihn selbstbewusster auch gegenüber den bigotten Bewohnern. Als dann die Stimmung umschlägt, erklingt düster ein Song von Madrugada. Wie er mit Gier und Neugier unbeholfen ihren Körper ertastet und nebenbei alle erotischen Neigungen thematisiert werden, zeigen die grobkörnigen Bilder der Handkamera sehr sinnlich, natürlich – letztlich aber auch aufdringlich. Vor allem verschenkt das Authentizitätsgehabe die epische Kraft der romanartigen Geschichte.