Rammstein :: Mutter

Nicht mehr viel los im Rock. Den Weicheiern sei gefalligst „Bigmouth will strike again“ zuzurufen. Bringen wird das natürlich nichts: Erziehung ist Erziehung. Auch nicht zu ändern: dass das Posertum noch immer Heimsuchungen wie Harry, Marilyn Manson oder Kid Rock erfolgreich in die Menagerie Musica ejakuliert. Doch die Schauspielerei scheint lohnend angesichts der beträchtlichen Verkaufszahlen von Platten mit auffallend hohem Bullshit-Faktor.

Keine Gefahr also für Rammstein, die das junge, welke Volk wieder mit dem Lockgeruch der dark side ködern wollen. Doch weil Neuerung Talent braucht, gibt es auch auf „Mutter“ wieder das alte, abgenudelte Rezept zu hören: Bumsgitarren, Flakes öde 80er-Jahre-Synthesizer, Mitgröl-Melodien. Dazu traditionelle Textzeilen wie diese: „Nun liebe Kinder, gebt gut Acht: Ich bin die Stimme aus dem Kissen“, stakkaüert Dräu-Papst Till Lindemann in „Mein Herz brennt“. Noch drolliger wird es beim Titeltrack: „Ich durfte keinen Nippel lecken/ Und keine Falte zum Verstecken.“ Erledigt ist das Herzeleid damit natürlich noch nicht. Die Pechmarie schüttet nämlich schnell noch Titel wie „Feuer frei!“ (hier wirkt Lindeman so angsteinflößend wie ein 3-D-Shooter) oder „Zwitter“ aus ihrem redundanten Füllhorn.

Rammstein machen Micky-Maus-Musik mit Pumuckl-Reimen. Da fallt es dann auch nicht mehr weiter ins Gewicht, dass man sich einen Teil der Riffs von „Sonne“ bei Marilyn Mansons „The Beautiful People“ geklaut hat. Some songs are smaller than others. Nun sollte doch wirklich mal die Einsicht einkehren, dass Till Lindemanns Rolle als Höllenhund die musikalischen Momente diskreditiert. Dabei wäre die Band doch so gerne Kunst, möchte gar als kontroverser Gegensatz zu heiler Welt geachtet werden.

Das künstlerisch maximal Mögliche hat aber „Lost Highway“ besorgt, mehr ist nicht drin. Dafür schnell weniger: Wer in seinen Videos bewusst Leni Riefenstahls gefilmten Teutonenwahn als provokativen Behelf verwendet, darf sich über Bruder Schnürstiefel als Fan nicht wundern. Wie also heißen nun die Schlagworte? Sozialismus, Despotismus, Idiotismus? Oder sind Rammstein in Wahrheit nur mutlose Romantizisten. zu feige, eine andere Darstellungsform für Melancholie zu wählen?

Bis auf weiteres gilt: Rammstein bleiben die Mutter aller Schlachtplatten in deutschen Landen.