Ringsgwandl – Gache Wurzn

Nach den letzten drei Großwerken, einer Rock-Operette („Die Tankstelle der Verdammten „), einer „Ravue“ („Der Gaudibursch vom Hindukusch“) und der Punk-Oper über Ludwig II., hat es Georg Ringsgwandl wieder etwas kleiner – und leiser. Augenscheinlich ging ihm der ganze theatralische Zinnober dann doch gehörig auf die Eieruhr. Bei seiner neuen Produktion, so heißt es ganz programmatisch, wollte er nur mal schauen, was passiert, wenn „vier Musiker um einen Küchentisch herumsitzen und bei Zimmerlautstärke musizieren. Im tiefsten Bayern, wohlgemerkt!

Tja, was schon? Zurückgelehnter Rhythm’n’Blues entsteht wie selbstverständlich, ein bisschen Boogie, sanfter, langsamer Folk, der auch schon mal, wenn Nick „die Axt im Haus“ Woodland die Finger fliegen lässt, ins Country- und Western-Fach quer-, vielmehr square-schießt, und ganz früher Rock’n’RolL Der klingt dann freilich sehr nach Spider Murphy Gang und trübt den Hörspaß etwas. Glücklicherweise nur einmal. Denn solcherart Schickimicki-Ambiente will einfach nicht so recht passen zur seelenvollpomeranzigen Dialektelei des Chefs, dessen Balladen, Moritaten und Blues-Storys viel von der Provinz erzählen, aber so hinterhältig-ironisch und mit der Zunge in der Backe, dass es niemals provinziell klingt (wenn auch folkloristisch).

Da ist zum Beispiel der „Brucknwirt“, bei dem „seit vier-, fünfhundert Jahr“ gegessen und getrunken wird. Und nie hat sich jemand beschwert. Aber eines Tages kommt eben auch zu ihm ein Kerl vom Gesundheitsamt und findet allerlei Monierenswertes: „Dann macht er bei der Wirtin, so sind die Gebräuche/ Zur Sicherheit einen Abstrich auf Maul- und Klauenseuche/ Zum Wirt sagt er: Sie, Ihre Frau, die hat dreckige Hand‘!/ Und da ist dem Brucknwirt die Sicherung durchbrennt/ Er deutet auf den Schnitzelhammer und sagt, Frau, gib mal her/ Und dann erschlägt der Brucknwirt den Lebensmittelkontrolleur.“

Noch einer kommt und auch noch ein dritter; ihnen widerfährt das gleiche Schicksal: „Aber jeder hält die Klappe, keiner hat was erzählt/ Und der Kontrolleur hat keinem Menschen gefehlt.“ Und jedes Mal, wenn der Brucknwirt das Problem wieder bereinigt hat, übernimmt Woodlands mopsfidele Strat, die im Laden gleich neben der von Mark Knopfler gestanden haben muss, und sie hat immer ein lustiges Lied auf den Saiten, das den Beweis antritt, wie unbeschwert es sich leben lässt in dieser fröhlichen bajuwarischen Anarchie.

Grandios ist das! Genauso wie das Lied vom Garten-Nazi: „Selbst der Hund hat nichts zu lachen/ Der Nazi ist sein Peiniger/Jeden Freitag spritzt er ihn ab/ Mit dem Hochdruckreiniger.“ Und nicht zuletzt das detailprall skizzierte Kneipenszenario in „Schluckspecht“: „Mit einem Indianerponcho/ Sitzt heut drüben am Tresen / Die gestörte Dorle bei einer Schorle/ Und tut, als tat sie lesen/ Der Hans der wo besoffen ist/ Und besoffen traut er sich was sagen/ Sagt: Dorle hast du Lust/ Draußen steht mein Wagen/ Die Dorle sagt zum Hans, ja mei/ An sich passts mir ja ganz gut rein/ Und schon gehts Richtung Türe/ Der besoffene Hans auf allen vieren.“

Hölle Provinz!

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