R.L. Burnside – Wish I Was In Heaven Sitting Down
Nur wer tief im Blues gewühlt hat, darf sich auch über ihn mokieren. Besser: über die Stereotypen, die da seit Generationen auch als Blues verkauft werden. R.L. Burnside darf das. Nicht nur, weil er inzwischen 73 ist, noch von „Mississippi“ Fred McDowell höchstpersönlich lernte und überhaupt auf die richtige Biografie zwischen Holly Springs, Chicago und Memphis verweisen kann. Er darf eine Satire wie „Nothing Man“ vor allem deshalb schreiben, singen und spielen, weil er – bei allem hartnäckigen Purismus – die Tür stets offen gehalten hat für den Blues. Ja, wahrscheinlich konnte und kann er das gerade nur, weil er sich der Essenz seiner Kunst immer so sicher war.
So stieg er, Jon Spencer sei auch ein bisschen Dank, zum „unlikely hero of the indie-rock world“ (PR) auf, ohne dabei so herbeizitiert auszusehen wie etwa B. B. King neben Bono. Burnside kann es immer noch ganz pur, ganz hart und nicht nur „ganz gut“, mit dem schwer schleppenden „See What My Buddy Done“, mit dem Vocal/Gitarre-Gospelschlenker des Titelsongs. Und weil er das kann, hängt das Bild dann auch nicht gleich schief im Rahmen, wenn er einen Turntable-Youngster, Becks DJ Swamp, an den klassischen Mississippi-Two-Step „Miss Maybelle“ heranlässt. Wenn er Arethas „Chain Of Fools“ mit feisten Riffs, geloopten Beats und wirbelnden Turntables schön primitiv ausbremst, ja ein Stück weit, ähem, „dekonstruiert“. Wenn er in „Hard Time Killing Floor“, dem abschließenden Sequel „R.L.’s Story“ und „Got Messed Up“ zwischen Talking Blues und Scratch-Kultur, Ambient-Asthetik und Slide-Fever neue Räume für die ewigen Akkorde und Geschichten vermisst. Wenn er in „My Eyes Keep Me In Trouble“ die Mandoline ein bisschen tanzen lässt.
Und siehe da, dem Meister gefiel, was er da getan hatte. Und zwar so gut, dass wir im aufgemöbelten „Bad Luck City“ sogar noch einmal sein himmlisches Falsett hören dürfen. So gut, dass er Gefallen daran fand, sich noch einmal zu mokieren, wenn auch nicht über die, die den Blues zum Klischee gerinnen ließen. „There’s too many ups out there“, spottet Burnside zu einem satten Soul-Groove. Den Daumen hoch in eigener Sache kann er aber nicht gemeint haben.