David Coverdale – Into The Light
Klingt das nicht reichlich verräterisch, wenn jemand ein notorisch hausbackenes Led Zep-Riff spielt und zum titelgebenden Intro kürt und das dann auch noch metaphysisch auflädt? „Into The Light“! Nun, man darf ja bei einem Hardrock-Kitschier und abgeschmackten Phrasen-Mähdrescher wie David Coverdale nie zu viel Exegese betreiben, meistens ist es doch bloß aus der Not geborene Willkür oder, wenn man ihm freundlich gesinnt ist, Intuition. Und Freud hat in einer Plattenkritik auch nichts verloren. Aber sollten Led Zeppelin am Ende das Licht sein, wonach er ein Leben lang streben zu müssen meinte? Dann hätten sie ja, zugegebenermaßen, doch alle Recht, die ihn als Robert Plant des kleinen Mannes schmähten. Bedenklich, bedenklich. Aber das darf nicht. Tatsächlich ist Coverdale mittlerweile wieder da angelangt, wo er in den späten Siebzigern schon einmal war: beim angesoulten, bluesgeerdeten Hardrock britischer Provenienz, der sich gern und häufig Ausflüge ins Folk-Genre erlaubt. Na, und wer fällt einem da sogleich als Ur-Muster ein? Richtig. Nunmehr hat man diese musikalische Hausmannskost allerdings mit einer aalglatten Produktion angerichtet, die auch dem amerikanischen Durchschnitts-Verkoster nicht mehr seltsam ankommen dürfte. Und aufs Textblatt wirft Coverdale wie stets diese nicht ganz eindeutigen Phantasien von Laster, Lust und großem Gefühl. Hier bleibt er wohl ewig der ehemalige Einzelhandelskaufmann. Aber nachdem das alles wieder mal gesagt worden ist – unterm Strich haben wir da immer noch eine hochkarätige Rock-Platte, die vor allem auf dem elegischen und balladesken Feld einige wunderschöne Schnurrpfeifereien zu bieten hat: „Love Is Bund“ etwa, passioniertes Gegreine eines schwer geprüften Lebemanns, die mit schmierigen Streichern aufgebockte Videoclip-Auskopplung; oder das mit einem gekonnten Mott The Hoople-Plagiat anhebende, Zahnschmelz angreifende Bonsai-Musical „Don’t You Cry“; das vom Vorgänger-Album „Restless Heart“ geborgte und noch einmal runderneuerte Rührstück „Too Many Tears“; und nicht zu vergessen das mit einer leibhaftigen Elfe – Linda Rowberry heißt sie – veranstaltete Minnesang-Duett „Wherever You May Go“.
Alles „Kuschelrock“-kompatibel und doch mit einem so warmen feeling weggesungen, dass sich die Frage nach der Authentizität dieser allgegenwärtigen emotionalen Schieflage gar nicht stellen will. Und dann gibt es ja auch noch die harte Abteilung. Auch die ist sehr gut besetzt: mit dem zwischen Whitsnake-Traditional und Hendrix-Hommage hübsch changierenden „The River Song“, wo ein alter Bekannter namens Earl Slick, Gitarre, auch im Kleinen echte Größe zeigt; mit dem Midtempo-Groove-Rocker „Don’t Lie To Me“; und schließlich jenem dreist, aber gut bei Lynyrd Skynyrd abgekupferten „Slave“. „Ein Song“, soll Coverdale gesagt haben, „der wie geschaffen ist für jene Art Stripperinnen, die um eine Stange herum tanzen.“