Rreen Day – Warning
Milchschnitten-Core“ war das verächtliche Schimpfwort, das Punk-Rock-Fundamentalisten für Green Day und deren Gleichgesinnte schufen, als 1994 mit „Basket Case“ und „When I Come Around“ endgültig die Barrieren des Genres wider den breiten Geschmack fielen. Der Begriff konnte Billie Joe Armstrong und seine Kumpanen wohl kaum treffen – Green Day hatten schon längst keine Ideale mehr zu verraten und keine Dogmen zu bewahren, als sie ihren High-School-Pop-Punk für die Welt bereit machten.
Mit dem ’98er Werk „Nimrod“ verloren Green Day dann die Lust auf die selbst gerufenen Geister und bemühten sich um Integrität jenseits des eigenen Klischees „Warning“, der Titel des neuen Albums, klingt, als wollten Green Day sich noch einmal der Abgrenzung gegen die ewig gleiche Erwartungshaltung der „Dookie“-Fans versichern.
Um Familie und Zukunft gehe es Armstrong jetzt, verrät uns der Beipackzettel, und das ist ja nur redlich, schließlich steckt der Liedschreiber und Sänger tief in den das weitere Leben entscheidenden Twens. Entsprechend beflissen versuchen Green Day, die eigene Sozialisation in das erwachsene Werk zu überführen und so zu einem adäquaten künstlerischen Ausdruck jenseits der wilden Jahre durchzudringen. Die Gitarren auf „Warning“ sind ergo nicht mehr arg so verzerrt, der Ton bedacht(er) und geruhsam(er). In weiten Teilen gibt’s gar Punkrock mit akustischer Gitarre, wie beispielsweise bei dem wegweisenden Titel-Track, bei dem Armstrong die neue Identität mit einem tatsächlich inspirierten Riff zum Leben zu erwecken versucht.
Was bleibt, wenn man den Bubblegum-Punk aus dem musikalischen Vokabular von Green Day streicht, ist freilich in erster Linie Armstrongs Gespür für ungeniert melodieselige Liedchen, die bloß Pop wären, wenn das Klangvehikel der Wahl nicht immer noch das alte wäre – dass Armstrongs fleißige Suche nach dem rechten Akkord nämlich hin und wieder unbedingt schmackhafte Früchte trägt, ist unbestritten; Singalongs wie „Waiting“ oder der Punk-Schunkler „Minority“ präsentieren Green Day nach wie vor als passable Melodienerfinder. Fürs Alterswerk taugt das allerdings auch nichtviel.