Nuggets
Jeff Finlin – Original Fin (NBFNY Records)
Ein Drummer, so heißt es, ist nicht etwa Musiker, sondern nur mit Musikern befreundet. Das stimmt auffallend oft, nur im Fall von Jeff Finlin ganz und gar nicht. Gut, er hat zwar mal als Trommler angefangen, aber mit nunmehr drei Soloalben „Original Fin“ ist sein neuestes – straft er nicht nur all die blöden Drummer-Witze Lügen, sondern lässt als Multiinstrurnentalist und Songwriter extraordinaire aufhorchen. Seine detaillierten, trockenen Beobachtungen aus dem amerikanischen Alltagsleben pries man schon als denen von Kerouac und Twain ebenbürtig, und seine kratzige Stimme wurde häufig mit der von Graham Parker verglichen. Alles wahr, aber Finlin ist mehr, denn er vereint den Philosophen mit dem Poeten und diese beiden mit dem beseelten Musiker. Dass sich seine Mitstreiter -u.a. Marc Ribot (Waits, Costello), Tony Garnier (Dylan) und Joel Diamond (Rolling Stones) – bei den Aufnahmen wie im siebten Himmel gefühlt haben müssen, hört man dieser einzigartigen, warmen Platte in jeder Sekunde an – und das völlig gebannt.
The Electric Family – Pueblo Woman (Sireena Records)
Wer das letztjährige TEF-Album „Tender“ noch im Ohr hat, der weiß, was ihn nun auf „Pueblo Woman“ erwartet: der musikalische Großangriff an allen Fronten, die stilistische Achterbahnfahrt durch Spacerock-Loopings, über Ethno-Haarnadelkurven, hinauf in steilste Folk- und Trance-Höhen – und dabei stets sicher in der Spur bleibend. Tom „The Perc“ Redecker hatte im Archiv gestöbert und Live-Aufhahmen der beiden TEF-Touren entdeckt Sein „Sound Wizzard“ reduzierte diese Mitschnitte auf das Essenzielle, die Musik, indem er Ansagen etc. löschte – und (fast) fertig war das Dokument einer fantastischen musikalischen Reise. Fast, denn gekrönt wird das Ganze durch zwei live im Studio eingespielte Titel. – Lecker!
Bill Deasy- Spring Lies Waiting (Onoma Rec.)
Eigentlich genau das Richtige für den Herbst. Aber da’s mit dem Sommer eh nichts mehr wird… Egal, Bill Deasy, der Kopf der so göttlichen wie glücklosen Band Gathering Field aus Pennsylvania (ihr ’99er Album „Reliance“ließ in puncto himmlischen Balladen die Wallflowers fast alt aussehen), hat mit Gitarrenpartner Dave Brown ein mehr oder minder akustisches Werk eingespielt, das wonnige Wärme verströmt und bei dem man trotz verregneter Fensterscheiben die Sonne strahlen sieht. Hier wird leise, aber mit Intensität musiziert und mit Inbrunst gesungen, hier kann man nur von Kunst reden. Denn wer hier von Kitsch spricht, der muss sich fortan Banause nennen lassen!
Black Eyed Dog – same (Hero Recording Comp.)
No Depression-Combos gibt’s in den USA so viele wie bei uns „lustige Musikanten“, aber eine Band, die sich nach einem Nick Drake-Song von „Way To Blue“ benennt, muss schon etwas mehr als die sattsam bekannten Verbeugungen vor Neil Young & Co. aufweisen können. Und das können Black Eyed Dog aus North Carolina tatsächlich: Sie haben z. B. in Brian Landrum einen Sänger, der den Hörer nicht ins Tal der Tränen greint, sondern lieber zur Vokal-Raspel greift. Sie lassen gern auch mal die Gitarren vernehmlicher sprechen, und sie schreiben sogar Songs, die man beim zweiten Durchlauf schon mitpfeifen kann. No Depression ist hier also garantiert
Belleville – same (Del-Tona)
Sie kommen aus dem nippen Berkeley in Kalifornien, und daher spielen Belleville nur gelegentlich etwas, das an No Depression gemahnt. Und so richtig überzeugend sind sie dann auch, wenn sie auf Country- oder Midtempo-Rocker umsteigen. Aber ihre wahre Größe zeigen sie erst bei ihren Coverversionen: Für die Adaption seines „Everybody Knows This Is Nowhere“ dürfte Young dem Quartett schon ein Glückwunschkärtchen geschickt haben. Aber nicht auszudenken, wie Belleville beim nächsten Streich klingen werden, denn fortan ist Slide- und Dobro-As Peter Dominguez von Buckeye mit dabei…