Embrace – Drawn From Memory :: Mit ihrem zweiten Album qualifizieren sich die Briten für die erste Liga
Sind Embrace die Eddie Irvines des Britpop? Tatsache jedenfalls ist, dass sowohl die „NME-Pin-Ups“ aus dem Norden Englands als auch der Ex-Stallgefährte von »Uns Schumi“ aus dem Norden Irlands ziemliche Maulhelden sind, Schlag beim weiblichen Geschlecht haben („Eine Mädchen-Band!“ konstatierte die Ehefrau des Verfassers beim Konzert schon nach wenigen Sekunden) und es trotz nachweislicher Erfolge (Nummer eins-Positionen!) in den entscheidenden Momenten nicht geregelt bekamen. Ernstnehmen? Diese Schaumschläger? Tsss. Jetzt gilt es, sich zu beweisen – neuer Rennstall, neues Album. Danny McNamara, Sänger und Songschreiber von Embrace, ist auch dieser Tage nicht der Kleinlauten einer. Er spricht von „funky humanity“, was immer das sein mag, von Jimi Hendrix und Frank Zappa, die ihre dirigierende Hand über das Studio hielten. Dass man mit „Hooligan“, der ersten Single nach langer Zeit, Terrain betrat, das gerade Gomez und die Beta Band für sich markiert hatten, war darüber hinaus recht unglücklich und zog eine Menge Kazoo-Witze nach sich. Von den Gallaghers aber wird keiner mehr salbadern im Zusammenhang mit den McNamaras. Kein Bombast, der die Boxen sprengt, das Haus wird gerockt, nicht das Stadion – da richten auch keine „Come on everybody“- und „On top of the world“-Refrains Schaden an. Embrace haben viel experimentiert, sich dann wieder zurückgenommen und doch lieber den direkten Weg gewählt.
Wenn sie das nicht selbst wollten, dann wollte es Produzent Tristin NorwelL Das Balladentum, die große McNamara-Stärke, wurde genährt, bis die Intros Soundtrack-würdig klangen und die Tonspur ihren Seelenfrieden fand. „I can see a time when I won’t be able to feel the pain no more.“ Aus der Stadt fahren und nicht wiederkommen plötzlich ist alles an seinem Platz der Bestimmung, und keiner lacht mehr über Richards Turnschuhe. Dannys persönlicher Lieblingssong? Abgesehen davon, dass er mit Frank Zappa so viel zu tun hat wie Arminia Bielefeld mit dem Erreichen eines UEFA-Pokal-Platzes, ist „The Love It Takes“ eine von fünf möglichen Auskopplungen, die den „UK-No. 1-Hit“-Aufkleber eher verdient hätten als „Go Let It Out“.
Natürlich: Ein wenig prätentiös ist das alles immer noch. Aber was hat man früher über die Manie Street Preachers gelacht! Und noch sind nicht wirklich sämtliche Travis-Jokes verklungen, die vor „The Man Who“ die Runde machten. Möglicherweise werden Embrace nie die Fahrerweltmeisterschaft gewinnen, doch „Drawn From Memory“ ist imposant genug, um diese Band noch viele Jahre vor den „Was wurde eigentlich aus…?“-Spalten zu bewahren.