Bernd Begemann
Sag Hallo zur Hölle
Der Hamburger Lokalmatador singt Schnurren aus seinem Viertel
Bernd ist wieder da. Einst hatte der smarte Hamburger Liedermacher einen Plattenvertrag mit einer großen Plattenfirma und eine Band, die uns allen Die Antwort versprach. Antworten hat Bernd Begemann auch heute noch. Den Plattenvertrag hält er nurmehr mit sich selbst und seinem kleinen Rothenburgsort-Label, und für eine präsentable Cover-Gestaltung reichte es offensichtlich auch nicht mehr. Schade eigentlich, denn hinter dem unscharfen Artwork verbirgt sich noch immer einer der bissigsten Beobachter alltäglicher Lebenslagen.
„Großstadtlieder“ verspricht er uns diesmal, aufgenommen mit dem Kassettenrekorder im heimischen Wohnzimmer mit Gästen wie Sophie Rois (Berliner Volksbühne) und Christoph Kahler (Veranda Music). Und dann geht sie los, die Reise ins hamburgische Schanzenviertel, wo Werber in die „Witzige WG“ einladen, man um eine „Audienz bei Seiner Majestät dem Metzger“ bittet oder den „Fahrradkurier Blues“ kriegt, wenn nicht gar das „Kelly Family Feeling“. Neben dem Hass auf Neue Medien, die das alternative Viertel mit den „toten Augen von Hamburg“ infizieren, outet sich Begemann als „Egoshooter“, der nachts aus lauter Einsamkeit am PC sitzt und „Quake“ spielt, als Romantiker, dem die nächtliche Fahrt über die Köhlbrandbrücke zur Glückseligkeit gereicht, oder als Idealist, der mitfühlen kann, wenn „Derrick weint“.
„Sag Hallo zur Hölle „das meint den Abgrund, in den man blickt, wenn man sich die geliebte, vermeintlich vertraute Nachbarschaft, die „Routine“ genauer ansieht. Unter dem Deckmantel der Oberflächlichkeiten und Luxusgüter verbirgt sich die bittere Tragik und Einsamkeit des Großstadtalltags. Ein Umstand, der von Begemann mit liebevoller Häme und klugen Betrachtungen unterhaltsam aufgedeckt wird – wenn man sich für die 23 Stücke des Albums wirklich Zeit nimmt und zuhört.
Für Nicht-Schanzenviertler – oder, noch schlimmer: für Nicht-Hamburger – ist Begemanns Mikrokosmos jedoch längst nicht mehr einzusehen, der Erfolg bei einem größeren Publikum daher wohl leider ausgeschlossen. Trotzdem ist Bernd zurück auf seinem angestammten Platz als Lokalmatador.