Short Cuts von Birgit Fuß

John Mellencamp – Rough Harvest (Mercury)

Den Sinn dieser Zusammenstellung sucht man wohl vergebens. Ein paar „neue“ Interpretationen (von 1997) alter Songs, aus Mellencamps Studio in Indiana. Warum er nun aber seine Lieblingsstücke von „Rain On The Scarecrow“ bis „Key West Intermezzo“ nochmals aufnahm, bleibt ein Rätsel. Besser sind sie nicht geworden. Dylans „Farewell Angelina“ wirkt uninspiriett, Van Morrisons „Wild Night“ (live mit Me’Shell Ndegeocello) schon passender. Er covert „Under The Boardwalk“ von den Drifters, natürlich besser als damals Bruce Willis. Singen kann Mellencamp schließlich, nur mit den Ideen tut er sich in letzter Zeit bedenklich schwer. 3,0

Gary Moore – A Different Beat (Castle)

Als er mit Hardrock gerade ganz erfolgreich war, schockierte Moore die Zielgruppe mit Blues. Man gewöhnte sich daran, interessierte sich kaum noch für das Knautschgesicht, da kam die nächste Kehrtwendung: modern! elektronisch! cool! Kauft mich! Man wird es wieder nicht tun. Dabei sind Moores Versuche, relevant zu bleiben, allemal erträglicher als, sagen wir mal, Van Haien. Unmotiviertes Gitarren-Gefrickel kommt hier nicht mehr vor, die obligatorische Schnulze („Surrender“) und ein bisschen Traditionelleres („Worry No More“) allerdings schon. 2,0

Die Toten Hosen – Crash Landing (JKP)

Nur für Australien war das Album gedacht, aber einige Tausend Exemplare landen nun natürlich auch auf dem deutschen Markt. Wer die Hosen kennt, wird nicht viel Neues entdecken. Bei den englischen Versionen von „Bonnie & Clyde“ und anderen jüngeren Songs half Kumpel T.V. Smith mit den Übersetzungen – Peinlichkeiten bleiben also aus, zumal der britische Akzent von Campino durchaus authentisch klingt. Mama ist schließlich Lehrerin, und die Verwandten in Corn-Wall zu Hause. „I Am The Walrus“ hätte man nicht ausprobieren müssen, „I Fought The Law“ gelingt. Braucht man alles nicht, macht aber Spaß. 3,0

Alan Parsons – The Time Machine (Arcade/ZYX)

Endlich hatte man den Pomp und Pathos von Alan Parsons Projects „Tales Of Mystery And Imagination“ und anderen Mist vergessen, da kommt der Nachfolger. Ein Konzeptalbum. Mit massenhaft Keyboards. Gesang von Maire Brennan (Clannad), Beverley Craven und Tony Hadley (Spandau Ballet). Referenzen an H.G. Wells und Byron, dann allerdings ein Fade-Out, bevor der Name Wordsworth fällt Ein Fade-Out Dass es so was noch gibt, so viel überfrachteten Kitsch und so viel pseudo-krisches Geschwafel von einem anderen Universum. „Ignorance Is Bliss“- wie wahr. Willkommen in den 90er Jahren. Und tschüs. 1,5

Me’Shell Ndegeocello Bitter (Maverick/WEA)

Sie kann aus der Sicht eines verzweifelt liebenden Mannes schreiben („Sincerity“), bitter und voller Zärtlichkeit, sich selbst der Untreue bezichtigen und dabei nicht schwach klingen („Faithful“), um Vergebung bitten, um Befriedigung oder Verständnis- Ndegeocello kennt keine Grenzen, was ihre Worte und ihren Gesang angeht, aber leider – die Sounds im Hintergrund halten dem nicht stand. Manchmal sind sie fast so belanglos wie Barmusik, bestenfalls ein bisschen funky, aber nie so kraftvoll wie die Sängerin. Die doch auch Bassistin ist. Wo bleiben denn bloß die zwingenden Rhythmen? 2,5

Kyova – Kyova (EASTWEST)

Für seine Kollegen von Project Pitchfork „klingt das alles wie Foo Fighters“, was Sänger Dirk Scheuber jetzt mit Kyova macht. Er nimmt ihnen diesen Plagiatsvorwurf nicht krumm. Es stimmt ja. Und natürlich ist es naiv von ihm, mit einer anderen Combo wieder von vorn anzufangen. Zu einem Zeitpunkt, da Pitchforks Darkwave-Pop mehr denn je von den Massen geliebt wird, bringt „Scheubi“ das Debüt seines Nebenprojekts raus, das als Idee schon seit Jahren in der Schublade liegt Der Sound ist leider auch Anfang der 90er Jahre steckengeblieben, auf dem Weg nach Seattle. 2,5

Madder Rose – Hello June Fool (Cooking Vinyl)

Juni, nicht Aprü- dieser Titel passt zu Madder Rose, denn Monate sind ihnen egal, Jahre verfliegen ohne Spuren zu hinterlassen, Zeit ist bedeutungslos. Sie passen eben in keine. Mary Lorson singt wie ein Engel, ob die Welt um sie versinkt oder nicht Billy Coté entwirft schwebende Sounds, die das Gehirn in Unordnung bringen, ohne es dauerhaft zu schädigen. Sie tun nicht weh, aber sie verwirren ganz gern. In „Hotel“ heißt es: „She had a lot to say she laughed at me and I just looked away.“ So einfach kann das sein. So schmerzhaft auch. 3,0

Vermooste Vlöten – Ngongo (Flittchen Rec.)

Das Berliner Duo kennt sich nicht nur mit Casio, Rhythmbox und Drumcomputer aus, sondern genauso mit Banjo, Mandoline und Tambourine. Hannie Bluum und Libojah Shnukki können auch singen. Manchmal texten sie sogar mehr als eine Zeile, dann kommen Songs zustande wie „Polka For Christian KIar“oder „Rebel Rebel“, das Fidel Castro gewidmet ist. Komische Kommunistinnen? Vielleicht, vor allem aber lustige Musikerinnen, die sich auf ihrem zweiten Album nicht scheuen, Epic Soundtracks Tribut zu zollen: Bei „She Sleeps Alone“ spielt Nikki Sudden Gitarre. Nur die zweite, wohlgemerkt. 3,0

Granfaloon Bus – Necks &Backs (Purple Turtle)

Das Bonus-Bonbon zur Tour: Unveröffentlichte Tracks, Raritäten und Radioversionen älterer Songs zeigen noch einmal und für alle, die es bei den bisherigen drei Alben nicht gemerkt haben, wie unprätentiös und entspannt Americana klingen kann. Felix Costanza und Kollegen tragen zur Ehrenrettung John Denvers bei – sein „Matthew“ wird wieder lebendig. Townes Van Zandts „At My Window“ war nicht besser hinzukriegen, ist aber durchaus in Ordnung. Der Rest rockt, oder es albert vor sich hin, wenn es nicht gerade melancholisch wird. Langweilig wird es jedenfalls nie. 4,0

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