Short Cuts von Jörg Feyer, Peter Lau & Jürgen Ziemer
Peter Bruntnell – Normal For Bridgwater (SLOWRIVER/RYKO)
Die Platten von Peter Bruntnell sollte man in Schulen lehren, schlug der „NME“ vor. Das ist natürlich auch Insel-Patriotismus: Hurra, wir haben wieder einen, der die Amis mit ihren eigenen Waffen schlägt! Tatsächlich würde es (erst mal) reichen, wenn sich „Normal For Bridgwater“ bei allen drehen dürfte, die ihren Glauben an Americana, Alt-Country etc. noch nicht ganz verloren haben. Und wenn sie ihn doch schon verloren haben: Bruntnell wird sie mit brüchiger Sehnsuchtsstimme und Songs wie „By The Time My Head Gets Tb Phoenix“ wieder auf den rechten Weg bringen. 4,0
Mark Mulcahy – Fathering (loose/ryko)
Irgendwo zwischen dem sträflich unterschätzten David Gray und dem zu früh gegangenen Jeff Buckley sind Stimme und Songwriting von Mark Mulcahy (Ex-Mirade Legion) anzusiedeln, der sich auf dem im Alleingang eingespielten „Fathering“ ohne Netz und doppelten Boden ans Werk macht Seine Talente als Multi-Instrumentalist und Harmonie-Sänger (mit sich selbst) verhindern zudem, daß sich puristische Arrangement-Einfalt ausbreiten kann.3,0
Steve Howe – Portraits Of Bob Dylan (EAGLE)
„Ich mach das mal“, dachte der früher bei Yes und sonstwie tätige Gitarrist, und man erkennt Bob Dylan in seinen Portraits, mag ihn aber nicht. 1,0
Mike Oldfield – Guitars (WEA)
„Ich mach das mal , dachte der früher bei Mike Oldfield tätige Gitarrist, und er spielt wirklich viele Gitarren. 1,0
Rachel’s – Selenography (quarterstick/efa)
Wie immer betörende Kammermusik des Kollektivs aus Chicago. Wissen und Können behindern bei Rachel’s nicht die abgründige Romantik von Cello, Viola und Piano. Mal jemand kaufen. 4,0
Bako Babies – Love Is The Reason(minor music)
Es geschah unbemerkt und eigentlich störte es auch nicht, doch wenn man „Love Is The Reason“ hört, fragt man sich unwillkürlich, was wohl aus dem songverhafteten Soul-, Funk- und Jazz-Pop der 70er Jahre wurde. Und bekommt sofort eine Antwort: Er lebt alive & well in New York City. Der Multiinstrumentalist Vincent Henry und die seelenvoolle Sängerin Stephanie McKay setzen auf ihrem Debüt mit weichen Melodien und luftigen Grooves das fort, was einst die Crusaders und andere begannen. Etwas Neues zum Thema fällt dem Duo zwar nicht ein, aber für eine hübsche Sommerplatte hat es gereicht. 3,0
The Abyssinians – Last Days (99 rec.)
Beinharte Reggae-Fans werden wahrscheinlich nur erschüttert den Kopf schütteln, doch wer einen nett groovigen, unkomplizierten Soundtrack für sonnige Tage im Garten oder Park sucht, ist mit „Last Days“ von Bernard Collins Abyssinians gut bedient. Der melodiöse Pop-Reggae entfernt sich zwar keinen Moment von den üblichen Klischees, doch jeder, der diese
Platte hört, wird wohl wenigstens kurz mit den Hüften schwingen. 3,0
Soul Bossa Trio – In Native (Bomba/99 rec)
In den schlechten Momenten klingt das japanische Soul Bossa Trio auf „In Native“ wie die Gipsy Kings auf Acid, wie eine stumpfe 70er-Jahre-Disco-Parodie, wie die handwerklich kompetente, ansonsten aber Seelen- und geisdose Kopie eines schon 1975 überflüssigen Jazz-Rock, oder wie ein zusammengestoppelter Brasil-Zitatpop für extrem schlichte Gemutet; 1,5
Geri Halliwell – Schizophonic (EMI)
Gleich im ersten Song ihres Solo-Debüts versucht sich Ginger Spiee an einer lauen Kopie des Propellerheads-Shirley-Bassey-Hits „History Repeaüng“. Auch so ein Traum: Von den abgelegten Plateauschuhen direkt in den Vorspann eines James-Bond-Films. Na, wer weiß, mit 26 ist sie ja noch jung, Michael Jackson hat auch erst nach den Jackson 5 richtig aufgedreht Aber jetzt mal im Ernst: Wer so reich und so unbegabt ist wie Gern Halli well, der sollte seine Zeit für anderes nutzen. 1,0
Andrea Parker – Kiss My Arp (PIAS/CONNECTED)
Schöner Titel, schöne Platte, tolle Frau: Andrea Parker ist gelernte Cellistin, aber viele Menschen kennen die Engländerin vor allem als DJ. Depeche Mode, Lamb, The Orb und Ryuichi Sakamoto wurden von ihr remixt, und die mit großem Orchester aufgenommene Single „Rocking Chair“ brachte die englische Presse schon Vorjahren zum Schwärmen. Dieses lang erwartete Debüt schwelgt in dunklen Klängen und Atmosphären, irgendwo zwischen minimalistischem Electro und den Platten des 4AD-Labels. Andreas ätherischer Gesang schwebt lockend über dem Pluckern und Rattern der Maschinen (der titelstiftende Arp ist ein legendärer Konkurrent des Moog-Synthesizer). Klingt irgendwie sexy. 3,5
Plaid – Rest Proof Clockwork „Warp/RTD)
Auf Plaids Debüt sangen noch die Stimm-Exzentrikerinnen Björk und Nicolette, doch dieses zweite Album verbreitet auch ohne Gesang eine lichtdurchflutete, heitere Stimmung. Die elektronischen Gerätschaften des britischen Duos klingen nicht nach Techno und Computerwelt, sondern nach freundlichen Klangreisen und Easy Listening für Anspruchsvolle. Zwischendrin gibt es sogar noch eine kindlich hüpfende Synthie-Pop-Nummer im Stil der ganz frühen Depeche Mode. Sommermusik. 3,5
Diverse – Glücklich Vol. III (PP sales force)
„A Collection Of Brazilian Flavours From The Past And The Present“, lautet der Untertitel dieser geschmackvollen Zusammenstellung brasilianisch inspirierter Musik zwischen Jazz und Dancefloor. Sergio Mendez & Co. wird man hier nicht finden, dafür hat der Münchner Musiker Rainer Trüby (Trüby Trio) ein paar echte Perlen kompiliert – von lab Two bis zum entspannten House-Bossa-Nova von Brother Of Soul. 3,0