Drucksachen von Arne Willander
Lexikon der Rockgitarristen, Michael Rudolf und Frank Schäfer
Lexikon Imprint (DM 29,80)
Ein Buch, das man bisher nicht vermißt hat, das aber stupend lustig ist: Michael Rudolf und Frank Schäfer, zwei Rocker mit prägenden Erlebnissen in den 70er Jahren, stellen uns Rock-Gitarristen vor. Dabei waltet allerdings weder enzyklopädische Strenge noch überhaupt lexikalische Sorgfalt – vielmehr blödeln die Autoren in Bierlaune und ohne jede Anstrengung um Objektivierung durch das Alphabet. Giganten wie Richard Thompson, Joni Mitchell, John Fahey und Bob Mould kommen gar nicht voi; Figuren wie Gary Moore, Ted Nugent, Joe Satriani und Michael Schenker dagegen ausführlich. Springsteen ist „keiner Rede wert“, wird jedoch geführt, Clapton wird ebenso vermöbelt wie Oldfield und Björn Ulvaeus. Herrn Slash wird ein „Zeugnis der allgemeinen Gitarrenreife“ ausgestellt („Ist nicht in der Lage, selbst einfächste Riffs wie das von ,Smoke On The Water‘ vom Blatt zuspielen“). Allzuviel Gitarrenspielersprech und Technik stört die humorige Diktion nicht. Hier eine ergötzliche Passage über den nicht so bedeutenden James Iha, Gitarrist der Smashing Pumpkins: „Buhuhu, der Billy Corgan läßt mich immer nicht mitkomponieren. Immer nur ganz selten mal. Und meine Spuren mischt er immer ins Nirwana. Das find‘ ich obergemein. Niemand weiß, wieviel ich eigentlich kann.“ James, mußt du Solo-Platte aufnehmen. Nenn‘ sie ‚Let It Come Down‘, und jeder wird hören, daß du eigentlich gar wenig kannst.“
„Ja, mach‘ ich. Wie soll ich die noch mal nennen?“ „Let It Come Down‘, James, Let It Come Down‘.“
So ist das Buch. 4,0
Die Fantastischen Vier, Ralf Niemczyk
KIWI (16,90 MARK)
Die „Autobiographie“, die unser lieber Freund Benjamin von Stuckrad-Barre schreiben sollte, der statt dessen mit „Soloalbum“ im selben Verlag weltberühmt wurde. Ralf Niemczyk, der in einer besseren Zeit bei „Spex“ schrieb, hat die verfrühte Unternehmung geschickt angefangen: Er läßt die Vier selbst sprechen, vor allem also den wasserfallartigen Smudo und den ebenfalls außerordentlich beredten, wenn auch zunehmend erstaunlich spinnerten Thomas D. Schweiger Andy kommt praktisch nicht vor, und Michi Beck war mal Popper. Besonders die Anfange im Schwäbischen sind eine Art geheimer Geschichte des provinziellen Untergrunds, ein Sittenbild der alten Bundesrepublik, wie es lustiger und trostloser nicht vorstellbar ist, und es ist amüsant und exemplarisch, wie der ebenso gschaftlhubernde wie erfolglose Plattenhändler „Bär“ die Jungs unter die Fittiche nahm, den Chauffeur machte und erste Auftritte im Osten zu unterirdischen Veranstaltungen gerieten.
Mit „Die da“ kam das Geld, kamen jeden Tag neue Erfolgsmeldungen, die Hallen wurden zu klein, das Merchandising wurde direkt aus dem Kofferraum betrieben. Die Plattenfirma ließ die Preßmaschinen heißlaufen. Einen Koffer mit 50 000 Mark gab es für jeden Schwaben, und alle gingen brav zur Bank. Nach dem Reibach taten die Fanta 4 etwas fürs Gewissen und brachten „Die vierte Dimension“ und „Megavier“ heraus – Experimente geradezu und Fluchtbewegungen. Und wenn man die Auflösungstendenzen und Selbsterfahrungstrips (Jenny Elvers!) dazunimmt, ist es irgendwie doch evident: Die Fantastischen Vier sind natürlich unsere Fab Four. 4,0