Ministry – Dark Side Of The Spoon
Die Kinder begraben ihre Väter: Ministry im Sumpf der Vergangenheit
Auch wenn es am Ende der 90er Jahre niemanden mehr so richtig interessiert: Industrial Rock wurde von einer Band erfunden, die Ministry heißt und sich entgegen aller Vernunft noch immer nicht auf ihren Lorbeeren ausruht. Was ist Industrial Rock? Hypnotische Electronic Body Music (Techno-Vorläufer), die nicht vollständig aus dem Computer stammt, sondern mit „echten“ Instrumenten (Gitarre, Baß etc.) verfremdet wird. Ihren Höhepunkt überschritten Ministry vor bald einem Jahrzehnt mit der Single „Jesus Built My Hotrod“ und dem zugehörigen Album „Psalm 69“.
Und was wurde aus Ministry? Mit einem Wort: wenig. Jourgensen ging auf Drogenentzug, wurde Vater und erzählte in Interviews, die er zu einem stinklangweiligen Album namens „Filth Pig“ gab, wie gern er seinen Sohn in den Kindergarten brachte. Auf „Filth Pig“ hatten viele noch gespannt gewartet, auf „Dark Side Of The Spoon“ hofften nur noch einige Unentwegte. Dabei ist dieses neue Album gar nicht so übel, wie man erwartet hätte. Aber auch nicht gut. Das Konzept, so liest man es aus dem Titel, liegt zwischen Pink Floyd und Heroinsucht. Ersteres ist nur ein Wortspiel, letzteres bitterer Ernst. Jourgensen arbeitet in gewohnt expliziter Lyrik auf, was seine Venen im Verlauf der späten Achtziger und frühen Neunziger erleiden mußten. Dazu sägen die Gitarren und Barker knüppelt auf virtuellen ölfässern seine hohle Beats. Das macht Laune an schmerzvollen Tagen, aber weltbewegend oder gar schockierend ist es nicht mehr, nachdem ein gewisser Epigone namens Manson inzwischen so bewegende Ereignisse wie das Massaker von Littleton lostrat, glaubt man den Tabloids. Die Zeit zog weiter, und Ministry blieben im Sumpf der eigenen Vergangenheit.