Freundeskreis – Esperanto
Mit väterlicher Milde schmunzelte selbst Smudo etwas über die pubertären Polit-Phrasen der Zöglinge des Fanta-Labels Four Music. Musikalisch aber attestierte er dem Freundeskreis für die Zukunft ein enormes Potential. Er sollte recht behalten. Und zwar in beiden Fällen.
Mit der Rap-Schnulze „Anna“ hatte die junge Band vor zwei Jahren einen Hit, die „Quadratur des Kreises“ jedoch mißlang. Das Debüt erreichte nicht die kommerziellen Höhen der Single, allerdings auch keine künstlerische Tiefe. Gelobt wurden sie dennoch. Gegenüber Tic Tac Toe, Cappuccino, Spectacoolär oder dem Wolf wirkten sie geradezu gehaltvoll, wenn nicht sogar wie Marsianer in ihrer multikulturellen politischen Korrektheit Jung und idealistisch, aufrecht und talentiert. Die credibility stimmte. Echte Kommunisten! Dir Logo, zwei Händen beim Freundschaftspakt, scheint der Reliquenkammer der sozialistisch-internationalistischen Jugend des Arbeiter- und Bauern-Staat entnommen. Fabrikschlote und Planierraupe zieren das Emblem der Kolchose Stuttgart, in der sich der Freundeskreis um die Glaubensbrüder Massive Töne, den Rapper Afrob und DJ Thomilla zur Posse erweitert. Ein loser Verbund, der durchaus dem afroamerikanischen Entwurf jener Native Tongues um De La Soul ähnelt.
Analog dazu gelingt Freundeskreis nun auf Esperanto“ mit erstaunlicher Musikalität und verbaler Gewandtheit die bisherige Unmöglichkeit, eine präzise Rezeption beziehungsweise Adaption des ÜS-Rap im eigenen Anliegen und Umfeld zu erden. Insofern ist der Albumtitel plakativ, aber klug gewählt. „Unser Lingo ist der Ausdruck dieses Schmelztiegels, wir bringen euch HipHop-Sound, in dem sich die Welt spiegelt“, rappen sie zum Piano-Tremolo im gospelhafen Titelsong, für den Ddborah von Sens Unik aus der französischen Schweiz den Refrain singt Die Fugees würden sich verneigen, auch Arrested Development finden sich hier wieder. Samples und etliche Sprachen, afrikanische Gesänge und Mariachi-Melodien fließen in ruhige, homogene, traumhafte, federnde Songs zusammen, angetrieben von weichen Beats. Die Retrospektive „Erste Schritte“ spürt nicht ganz so minimalistisch, ganz klar aber Gang Starr nach mit nuancierten Scratches und in den Hintergrund gemischten Stimmen das ist ihr „Step In The Arena“.
Freundeskreis verstehen Rap als Esperanto der Popmusik und sich selbst also als Sprachrohr. Folglich ist JEsperanto“ eine Gesinnungsmetapher von Gutmenschen, die das absolute Böse weiterhin im Pentagon wissen. „Bald werden Köpfe rollen, weil andere an die Töpfe wollen“, heißt es in „Sternstunde/Revolution der Barte“ putzig. „Bald stürmen 144 000 mit geballter Faust von Gibraltar aus das europäische Haus/… Boykottieren das Business, wo der Teufel im Spiel ist“ Marschieren wird höchstens die Börse. Sie meinen es jedoch ernst – und so wirkt diese Naivität letztlich wie anrührende Poesie ohnmächtiger Hoffnung. Viva la amikaro. 4,0