Vinicius Cantuaria – Tucuma :: Motor Music
Noch ein brasilianischer Superstar, den hierzulande kaum jemand kennt In seiner Heimat hat der inzwischen in New York lebende Songwriter Millionen von Platten verkauft, weltweit wurde er jedoch erst vor zwei Jahren mit dem Album „SolNa Com“ bekannt Das mit Ryuichi Sakamoto eingespielte und von Arto Lindsay produzierte leise Meisterwerk wurde überall als eine Fortführung großer Bossa-Nova-Tradition interpretiert, wogegen sich Cantuaria nicht besonders überzeugend wehrt: Er verbinde doch nur Rock und Jazz, meint der ehemalige Schlagzeuger von Caetano Woso. Außerdem sei seine Sicht des Bossa Nova eher von Beck und Everything But The Girl geprägt als von Tom „The Girl From Ipanema“ Jobim. Naja…
Das neue Album belegt mit einer recht befremdlichen Besetzungsliste erst einmal die Behauptung. Neben ein paar Brasilianern gaben sich vor allem New-York-Stars die Studio-Türklinke in die Hand: Sean Lennon hält den Baß, Laune Anderson spielt Geige und singt, Arto Lindsay und Bill Frisell zupfen feinsinnig an ihren Gitarren, Joey Baron erweist sich mal wieder als eleganter Schlagzeuger, und Erik Friedlander rollt sein Cello durch den Hintergrund. Doch schon die ersten Klänge schieben die Idee einer gesamtamerikanischen Jazz-Rock-Achse (Grusel!) sanft beiseite: Mit einer Stimme wie milder Wind singt Cantuaria zu einem hauchzarten Segelflieger-Sound alierfeinste Songperlen von Caetano Veloso und anderen Meistern.
Tatsächlich kann man sich dank einiger schräger Töne und etwas fernen Lärms diese Musik besser unter kalten Neonröhren in nächtlichen U-Bahn-Stationen vorstellen als im warmen Schatten hoher Palmen. Um so interessanter, um so besser! Warum müssen denn immer Klischees erfüllt werden? Bossa Nova darf man aber trotzdem dazu sagen, bevor man in dem leichten Strom willig versinkt Und das bald auch bei Konzerten von Vinicius Cantuaria – denn dieser Feinvirtuose bereist nun Deutschland.