Beats von Kloos & Wellner
Das zweite Album von VISIT VENUS, „The Endless Summer“ (Yo Mama/RTD), war schon lange vor Veröffentlichung von einem eigenartigen Hype umgeben. Vielleicht, weil zu spüren war, daß die beiden Produzenten/DJs Mario von Hacht und Mario Cullmann nicht nur den gleichen Vornamen teilen, sondern auch ein sehr eigenes Gespür für feingliedrige, hintergründige Kompositionen. Atmosphärisch und düster zugleich, krass, ein Soundtrack irgendwie, für einen bösen kranken Film, den irgendjemand recht bald drehen sollte. 4,0
Zum sanften Runterkommen von solcherlei Exkursen eignet sich ein wunderschönes Album mit dem Namen „Sunve-motion siehtseeing“ (Virgin) von MILLENIA NOVA. Lo-Fi-Träumereien, die nach wundervoll kitschigen Nächten an Lagerfeuern und gedanklichen Spaziergängen in den nordischen Sternenhimmel brüllen. Ganz langsam und entspannt plätschern Gitarren und Keyboard-Linien daher, rumpeln Halfspeed-Rhymmen und sphärische Gesänge, daß alle Klischees bedient werden. Aber es ist halt schön, da hilft alles nix. 4,0
DJ-Mix-CDs sind in guten Momenten eine tolle Sache, vorausgesetzt, der DJ hat ein entsprechend spannendes Leben hinter sich. Bei Liam Howlett ist das so. Bekannt als Prodigy-Zampano, hat er als weißes Provinzkid seine Wurzeln im HipHop. Und wie das so ist in jungen Jahren, man sammelt in allen Lagern, in denen man entweder mal ein feistes Saufgelage, eine ordentliche Prügelei oder beides genossen hat. So mixt Howlett auf „Dirtchamber Sessions V6L 1″(XL/Intercord) in 50 Minuten 50 Tracks aus Old School, brachialen HipHop-Beats, Rock, sampelt sich durch 70er-Jahre- Disco und 80er-Jahre-FJectro, zu einer echten Zeitreise. Krass, liebevoll, klasse. 4,0
KEMISTRY & STORM sind die vielleicht besten DJs aus der Metalheadz-Posse. Sie verstehen es, ein DJ-Set so aufzubauen, daß du über all den Raritäten, Whitelabels und Dubplates den Spaß an der Party nicht verüerst. Die zwei nehmen dich mit ihren Platten an der Hand und fuhren dich langsam lächelnd hinein in einen tiefen Breakbeat-Wald, bis der so dunkel ist, daß auch die böse Knusperhexe keine Lust mehr hat, durch die Nebelschwaden zu steigen. Dann lassen sie dich allein, und gerade, wenn es dir eiskalt den Rücken runterläuft bei so viel Abstraferei, sind sie wieder zur Stelle, lassen dich verschnaufen, gönnen dir eine Ruhepause – und beginnen wieder von vorn. Diesen Vibe entsprechend auf ein Mix-Album zu bannen, ist nicht leicht. Ihr „DJ-Kicks“-Album(K7/RTD) schafft das, und hängt damit die Meßlatte für 1999 schon jetzt ziemlich hoch. 4,0
DEFARI heißt mit bürgerlichem Namen Duanne Johnson und ist eigentlich Lehrer. Inzwischen vermittelt er sein Wissen lieber in Reimform, erst mit Gastauftritten bei der Likwit Crew und jetzt solo. Auf „Focused Daily“ (Tommy Boy/eastwest) brilliert er nicht nur mit einem äußerst eigensinnigen Reimstil. Vor allem die äußerst sparsam eingesetzte, dafür aber um so wirkungsvollere Instrumentierung seiner Songs verleiht dem Album Größe. 4,0
Daß auch Pizza-Boten eine berufliche Zukunft haben, beweisen die drei Macher von SLICK SIXTY. Auf „Nibs And Nabs“(Cup Of Tea Records/PIAS) liefern sie heruntergetunte Downtempo-Sounds, durchsetzt mit zerhackten Samples, kratzigen Gitarren und Scratches. Manchmal ist das Ganze aber ein wenig zu üppig belegt. 3,5
Das gilt leider nicht für LTJ BUKEM „Progession Session 3“ (Good Looking/ EFA) die vor Langeweile brummt Auch wenn er ein Genre mitbegründet hat, vorangetrieben und salonfähig gemacht hat, es genügt nicht, sich in regelmäßigen Abständen selbst zu wiederholen 2,0.
Was das HipHop-Quartett MASS INFLUENCE aus Atlanta „Live Front Mitchell Street“ (Cup OfTea Records/ PIAS) abliefert, gehört definitiv zum Besten, was es in der amerikanischen Rap-Szene derzeit zu hören gibt Relaxter Eastcoast-Sound. 4,0
Der New Yorker DMX ging mit seinem Album „Flesh Of My Flesh… Blood Of My Blood“ (Def Jam/Mercury) dagegen gleich auf Platz eins der Charts. Ein Grund dafür mag die Offenheit sein, mit der DMX zu rauhen Beats vom Leben auf der Straße berichtet Brennende Mülltonnen, flüchtende Ratten, Luden mit Rolex. 3,5