Cypress Hill – IV
Neuerungen sind von Cypress Hill nicht zu erwarten, dafür sind die New Yorker Gewächse zu stoned, dennoch so hellwach, um sich nicht beim Allgemeinen anzubiedern. Auf^/F“ trällern keine R&B-Schnepfen, lullen keine aus Funk 8C Fernsehen bekannte Melodien, gibt es noch immer keinen typischen Funk – statt dessen weiterhin bollernde Bässe und schleppende Schleifen, enervierendes Quäken, Pfeifen und Scratchen, nebulöse Beats und nasale, irrwitzig gerappte Reime. Und doch bleibt alles anders.
Seit dem selbstbetitelten Debüt von 1991 haben sich die Kiflköppe immer mehr in ihre dunkle Dynamik aus Totenköpfen und zeidupenhaften Schauerszenarien zurückgezogen. Aui“IV“ haben sie ihr seltsames Spektrum weiter verfeinert, schimmert wieder Licht durch die Finsternis. Sinistre, schöne Melodien erhellen die apokalyptische Atmosphäre, weniger erschütternd ist das beleuchtete Verderben nicht Das zentrale Stück folgt zuerst „Looking Through The Eye Of A Pig“ beginnt mit Keyboard-Klängen, als gleite man in die Twilight Zone oder blicke in eine X-Akte. Aus dem Blickwinkel eines Cops, des Rappers liebstes Feindbild, wird eine alltägliche Situation geschildert, die in einem Blutbad enden wird – und den Schweine-Officer als durchaus verzweifelte Figur erscheinen läßt Auf „HI: Temples OfBoom“ hatten Cypress Hill mit dem Vers Hesekiel 25, 17 noch „Pulp Fiction“ zitiert, hier gemahnen sie eher an Harvey Keitel als schizophrener „Bad Lieutenant“.
Die Songs, angereichert mit allerlei Gimmicks wie Radiostimmen, Sirenen und Funkgeräuschen, haben stark visuelle Züge. Die drei pöbelnden Poltergeister leiern am Orgelkasten, lassen einen Walzer in Helikopterknattern übergehen und stimmen oft ein Singsang an wie Schlümpfe auf Mushroom oder Mescalin. In „Prelude To A Come Up“ hebt ein gespenstisches Piano an, »High Times“ ist jazzy im besten N.Y.-Hardcore-Style, ,46 Men Till There’s No Men Left“ hätte auch „Last Man Standing“ heißen können.
Höhepunkt ist „Tequila Sunrise“ mit einer mexikanischen Gitarrenmelodie, deren trügerische Idylle vom Refrain „Realize we’re all born to die“ getilgt wird. Das Sirren der gezupften Saiten erinnert an das Requiem für die Todgeweihten in Howard Hawks Western „Rio Bravo“. Nur Cypress Hill zünden sich lässig einen blunt an, bevor sie die lästigen motherfuckers wegblasen.
Gut abgehangen. Und immer noch sehr gut. 4,0