REPLAYS1 :: von Franz Schöler
Gerade mal ein Jahr nach „The Essential Guy Clark“ hat BMG zum Spottbilligpreis die ersten beiden LPs des Country-Neutöners wiederveröffentlicht, sprich „Old No. 1“ gekoppelt mit „Texas Cookin'“ (Camden 588132), diesmal in der originalen Song-Folge ungekürzt und in optimiertem Mastering, nur sparsamerweise ohne Songtexte und das wunderschöne Original-Artwork der Vinylscheiben. Unter Kollegen war GUY CLARK längst eine Berühmtheit, als er 1976 mit einem Meisterwerk debütierte, das ein für allemal seinen Ruhm als Singer/Songwriter-Legende zementierte. 4,5
Legendären Status erreichte binnen kurzer Zeit ein Album, das zu einem Meilenstein des britischen Blues-Revival wurde: „Blues Breakers“! Die Cover-Versionen von Otis Rush- und Freddie King-, Robert Johnson- und Little Walter-Songs waren es, die JOHN MAYALL und „sein“ Gitarrist ERIC CLAPTON so exzelllent musizierten, daß sie mit dieser Platte zahllose Kollegen diesseits wie jenseits des Atlantik mächtig beeindruckten. Tonmann John Astley (der von den Who– und Them-Remasters) hat sich dieses Klassikers noch einmal mit Sachverstand angenommen und in konkurrenzlos gut klingender Stereo-Neuüberspielung vorgelegt (Deram 844 827-2). Nachdem noch genügend Platz war, gibt’s den originalen Mono-Mix gratis dazu. Ein exellenter Job. Und ein Angebot, das man – zumal als Blues-Kenner – unmöglich ablehnen kann! 5,0
Als „twofer“ gekoppelt gibt es neuerdings wieder zwei große MUDDY WATERS-LPs der frühen 60er Jahre, nämlich „Sings Big Bill“ und das meisterliche „Folk Singer“ auf einer CD (BGOCD 397/contraire). Bei letzterem vertauschte man A- und B-Seite der LP, und Zeitpunkt, Ort und komplettes Musikanten-Personal dieser Aufnahmen zu dokumentieren, hielt man leider für überflüssig. Immerhin unterschlug man nicht die originalen Liner Notes; und die Überspielqualität geht in Ordnung. 4,5
Von den 14 Platten, die RORY GALLAGHER im Lauf seiner „Solo“-Karriere nach Taste – Kompilationen, Box und Official Bootleg-Sets nicht mitgetechnet – aufnahm, sind jetzt fünf gleichzeitig wiederveröffentlicht worden, nachdem die Rechte offenbar komplett an sein Capo-Label zurückfielen. Sinnigerweise findet man da auch gleich vier seiner besten überhaupt, die um Bonus-Tracks bereicherten „Deuce“ (RCA 60102 2, 3,5 ) und „Fresh Evidence“ (60114 2, 3,5 ) genauso wie ungekürzt das famose Live-Dokument „Irish Tour“ von 1974 (60106 2, knapp 4,5 ). Alten Fans des Gitarristen wollen wir nicht verschweigen: Die Polydor-Vinylpressungen von Gallaghers LPs der 70er Jahre klingen gegenüber diesen CDs so grottenschlecht, daß man seinen Ohren kaum trauen möchte. Was allerdings auch damit zu tun haben könnte, daß man vor dem Hochbit-Remastering die Bänder offenbar ganz neu gemischt hat. Selbst „Fresh Evidence“ von 1990(60ll42) ist ganz klar ein klanglich drastisch optimierter Remix.
Die ganz vorzüglichen (Stereo-)Remixes von diversen BEACH BOYS-Klassikern („California Girl“, „Surfer Girl“, „Kiss Me, Baby“) sind allein beinahe schon das Geld für „Endless Harmony“ wert (Capitol 72434-96391-2)! Außerdem bietet der Soundtrack dieser TV-Dokumentation jede Menge unveröffentlichter Demos, Alternativ-Mixe und Konzertmitschnitte, so daß der Sammlerwert dieser Raritäten-Kollektion mit 4,0 eher knapp benotet erscheint.
Die Doppel-CD, die Gram-Parsons-Fan Nr. 1 – Sid Griffln natürlich – als das definitive Vermächtnis „seiner“ Band zusammenstellte, gewinnt ebenfalls durch die vielen Raritäten noch beträchtlich an Sammlerwert. „Looking For Lewis and Clark – The Long Ryders Anthology“ (Polygram Chronicles 314 558 28o-2) präsentiert nämlich neben seiner subjektiven, aber nachvollziehbaren „Best Of-Nachlese aus drei LPs auch die komplette Debüt-EP „10-5-60“, die rare Weihnachts-Flexisingle, gut ein halbes Dutzend Demos und neben Single-B-Seiten weiteres unveröffentlichtes Material. Wieso die LONG RYDERS das Pech hatten, die richtige Band zur falschen Zeit zu sein, klären auch die ausführlichen Liner Notes von David Fricke nicht restlos auf. Im Vergleich zu diesem ungewöhnlich talentierten Country- Rock-Quartett feierten Green On Red ja geradezu eine Super-Karriere. 4,0
Was wiederum das Quartett TREAT HER RIGHT angeht, das sich hörbar an Vorbildern wie Doors, Stones, Dylan und Captain Beefheart orientierte, war es möglicherweise schond der arg ausgefallene Name, der für diese Band zum schier unüberwindlichen Brocken auf dem Weg zum Erfolg wurde. Schade, denn“TheAnthotogy 1985-J990″(Razor & Tie 7930182174-2) belegt andhand von 16 Aufnahmen im Rückblick: Dies ambitionierte, stark dem Blues verpflichtete Ensemble wurde arg unter Wert verramscht. 3,5
Apropos Ramsch: Erstmals überhaupt auf CD und als „twofer“ gekoppelt, ist „The Holy Modal Rouders 1 & 2“ (Big Beat CDWDCCD 137/contraire) mitsamt der Trash-Astetik eine rockhistorische Kuriosität ersten Ranges. Die kompletten 27 Aufnahmen der beiden Prestige-LPs von 1964/65 plus zwei Bonus-Tracks, mit denen die Underground-Folkies Peter Stampfel und Steve Weber damals Bob Dylan vergleichsweise so edel wie Nicolai Gedda oder Placido Domingo auf der Höhe ihrer Kunst klingen ließen. Der Begriff „Amateur“ gewann seinerzeit bei diesen Aufnahmen jedenfalls eine ganz neue und einzigartige Qualität! Keine Wertung.
Der vierte und – versprochen – letzte „twofer“ in dieser Rubrik bietet die ersten beiden LPs der Gruppe SCOTT RICHARD CASE alias SRC ungekürzt erstmals auf CD. Dieser Mix aus Acidund Progressiv-Rock auf „SRC/Milestones“ (See For Miles C5HCD 667/ TIS) mutet, heute gehört, so ausgesprochen „britisch“ an, daß man ihn niemals im US-Umfeld von MC 5 oder gar Bob Seger in Michigan ansiedeln würde. Ärgerlich und völlig unverständlich nur: Statt der auf den LP-Covers vermerkten Stereo-Mixe (!) wurden hier Mono-Bänder zur Überspielung der CD benutzt.
Nie war er später wieder noch einmal so erfolgreich wie während seiner Epic-Ära: MERLE HAGGARa Dabei hatten ihn viele schon als kommerzielle Größe im Country-Business abgeschrieben. Wie „Yesterday’s Wine 1981-88“ beweist, lief der Mann zu Hochform auf (Edsel EDCD 549/contraire).