Cracker – Gentleman’s Blues :: Virgin
Sprechen wir nicht mehr von Camper Van Beethoven. David Lowery ist nun seit fest einem Jahrzehnt mit Cracker auf Reise durch Amerika, um aufzusammeln, was jenseits des Highway liegen geblieben ist Kleinode wie Jerry Garcias „Loser“, eine schlurfende Trauerhymne auf „Kerosene Hat“, dem besten Album dieses Quartetts. Bei „The Golden Age“ wurde vermehrt rustikal gerockt, was Gitarrist und Co-Autor Johnny Hickman anzukreiden ist, aber allemal stringente Schönheit hat Die besseren Songs, das wird auf „Gentleman ’s Blues“ wieder klar, komponiert Lowery allerdings alleine. Oft karge, tieftraurige Balladen, als trage er sie mit einem letzten Atemzug vor, nur für diesen Moment bevor sich die Songs verflüchtigen. Und noch immer ist Lowerys sehnsüchtig-heiserer Gesang schwer sympathisch. Schmerz im Herzen, Wahnsinn im Kopf.
Der wunderliche Kerl scheint eine Wahrheit zu suchen, die er selbst wohl nicht kennt, aber für seinen Weg dorthin einen geheimen Plan zusammenzustellen: die verbeulte Kerosinkanne, die Briefmarken mit Bauwerken vergangener Pracht jetzt die Vignette eines „Fine Old Whisky“ für 25 Cents auf dem Cover – Insignien der Wehmut und Utensilien der Geschichte, die Geschichten erzählen wie Lowery in seinen Songs. Von Abschied, Hoffnungslosigkeit Trotz und Trost „Only when I lough does it hurt“, seufzt er in „Lullabye“, „Hallelujah“ krächzt er im letzten Lied ohne rechten Glauben – aber mit wahrhaftigem GefühL Sein kauziger Sarkasmus ist eine selbstironische Geste des Verlierers.
„I Want Out Of The Circus“ heißt der schrägste und schönste Song, eine chansonartige, kirmeshafte Drehorgelmusik, die so schwindsüchtig-suerreal klingt wie -jetzt kommt’s doch – einst bei Camper. „Gentleman’s Blues“ wurde produziert von Don Smith, der bereit ,Ji.erosene Hat“ unprätentiös hingekriegt hatte. Cracker grasen amerikanische Tbpoi und Mythen ab, spielen Blues-, Folk-, Country-, College-Rock mehr eklektizistisch als experimentielL aber mit Gespür. Es ist ihre Aufrichtigkeit, die zählt, die Seele und der bittersüße Spleen von David Lowery. Nirgends ist Nostalgie rätselhafter und damit ergreifender als bei diesem Burschen.