REPLAYS1 :: von Franz Schöler
Unzufrieden mit dem Pfusch, bei dem britische Tonleute vor Jahr und Tag die frühen ROD STEWART-Platten mittels dubiosem Remastering klanglich verschlimmbesserten, ließ Polygram-Technikboß Bill Levenson diese frühen Solo-Werke der Mercury-Jahre noch einmal mittels Hochbit-Prozeß generalüberholen. Ähnlich salopp produziert wie parallel die Platten der Faces, waren das wirklich nie high-fidele Lustbarkeiten. Weshalb „The Rod Stewart Album“ alias „An Old Raincoat Won’t Ever Let You Down“ und auch „Gasoline Alley“ mit tnarginal besser klingen als zuvor. Dafür erfreuen ausgerechnet „Every Picture Tells A Story“ (Mercury 558 060-2) und vor allem „Never A Dull Moment“, das letzte richtig große Opus dieses Sangesbruders (558 061-2, beide über PMS-Import), durch ganz klar höhere Klangqualität denn zuvor. Eine solch hochkarätige Serie von vier LPs, die auch ein Vierteljahrhundert später mit 4,5 bis 5,0 keinesfalls überbewertet sind, haben vor und nach Rod Stewart nur ganz wenige Rock’n’Roller vorgelegt.
Bevor BILLY JOEL demnächst ins Klassikfach wechselt, haben sich die Sony-Techniker nach „52nd Street“ auch die Studioplatten von „The Stranger“ bis „River Of Dreams“ noch einmal vorgenommen und mittels SBM-Prozeß klangtechnisch aufgenordet. Mit dem Resultat, daß „The Stranger“ auf den LPs und CDs vorher im Direktvergleich zum neusten Remaster fast schon wie Müll klingt. Was man auch als eine Frechheit betrachten kann, zumal das seine kompletteste Ohrwurm-Kollektion überhaupt war. Aber es kommt noch wunderlicher: Diese neun Songs (Columbia 491184 2, 4,0) klingen hier einen ganzen Tick besser noch als auf den ebenfalls SBM-prozessierten Überspielungen von Billy Joels Box-Set! Was man auch als cleveres Marketing sehen kann…
Das definitive Box-Set von einer der ganz großen Rock’n’Roll-Legenden der 60er Jahre, den BOBBY FULLER FOUR findet man nach wie vor nur als US-Import. Die Suche lohnt: Dies 3-CD-Set mit dem so pathetischen wie trefflichen Titel „Never To Be Forgotten – The Mustang Years“ (Del-Fi Records DFBX 3903) bietet neben den kompletten Mustang-Aufnahmen (sprich jede Menge Raritäten und unveröffendichtes Material als Bonus, alles in erstklassiger Überspielung wie die bekannten Aufnahmen auch) einen Live-Mitschnitt aus dem „In“-Club „PJ’s“ am Sunset Strip sowie in der 64seitigen Broschüre jede Menge höchst informativer Lektüre – darunter auch ausführliche Anmerkungen zum Tod von (oder Mord an?) Buddy-Holly-Bewunderer Bobby Füller. Wer glaubt, daß diese Band nur ein „One Hit Wonder“-Phänomen war, wird sich wundern: Die teilweise sagenhafte Qualität des unveröffentlichten Materials macht dieses Set zum Sammlerteil für Kenner! 4,0
Bestenfalls zum ersten Kennenlernen geeignet: die von TOM WAITS selber zusammengestellte Retrospektive „Beautiful Maladies – The Island Years“ (Island 524 519-2). Aus den 121 Aufnahmen für sieben LPs hat er hier 23 als so etwas wie ein „Best Of-Destillat rausgefiltert. Aus dem von Mord und Totschlag, Sünde und Jüngstem Gericht handelnden Meisterwerk „Bone Machine“ beispielsweise ganze drei. Angesichts von soviel manifester Selbstverleugnung drängt sich der Verdacht auf, hier könnte es sich mal wieder um das letzte noch vertraglich „geschuldete“ Album handeln. Natürlich ist das eine absolut schlackenlose Songkollektion. Aber eine zu kurze und frustrierende und gewiß nicht die definitive „summa“ seines Schaffens dieser Jahre. Keine Wertung deswegen.
Einfacher hatten es da halt die Oldies-Spezialisten bei Edsel Records, als sie die Auswahl für „daisy-fresh from Hawthorne, California (the best of the Dunhill years)“ treffen mußten: Das vielgepriesene Solo-Debüt von Kult-Pop-Rocker EMITT RHODES übernahmen sie einfach komplett, von „Mirror“ sechs und von „Farewell To Paradise“ fünf Songs – fertig und aus (EDCD 569/contraire-Import). Schade nur: Anders als auf der US- „Listen, Listen“- Retrospektive findet man hier keine vor und nach den Dunhill-Jahren produzierten Aufnahmen, für die hier fast eine Viertelstunde Platz gewesen wäre. Trotzdem knapp: 4,0
Wider jegliche kommerzielle Vernunft veröffendichte dieselbe Firma jetzt mit dem 19-Song-Rückblick „Darkness, Darkness – The Best Of The RCA Years“ (EDCD 561, contraire) genau die YOUNGBLOODS-Retrospektive der 60er Jahre, die den Erwerb der drei originalen RCA-LPs (ebenfalls noch im Programm) restlos erübrigt. Alle großen Aufnahmen von JC Young & Co. sind hier versammelt. Darum ebenfalls knapp: 4,0
Was Gorbi uns verschwieg: Wer zu früh kommt, den bestraft das Leben oft auch! Wie beispielsweise LUCINDA WILLIAMS, die acht Jahre nach ihrem Debüt mit dem gleichnamigen Solo-Album ein Comeback wagte, das ihr allseits Kritiker-Hymnen einbrachte (ganz zu schweigen von Superlativen der Bewunderung seitens so hochkarätiger Kolleginnen wie Emmylou Harris oder Mary Chapin Carpenter), nur leider nicht den lang überfalligen kommerziellen Erfolg dazu. Zehn Jahre später liegt „Lucinda Williams“(Ko-ii KOC-CD8005) in einer um die „Passionate Kisses“-EP sowie zwei weitere Bonus-Tracks bereicherten Neuausgabe vor. Bei diesem Folk-Blues-Country-Pop-Klassiker jetzt zugreifen, nicht später! 4,5
Das Album, das CHEAP TRICK zugleich den kommerziellen Durchbruch brachte und den kreativen Niedergang einläutete, liegt anläßlich des 20jährigen Jubiläums in der auf die dop pelte Spieldauer komplettierten Länge des Original-Mitschnitts vor. Was „At Budokan: The Complete Concert“ (Epic Legacy EPC 489650 2) allerdings, um bei der Wahrheit zu bleiben, den paar Bits mehr auch nicht zu bieten hat, ist eine bessere Klangqualität. Und überschätzt wird das Teil weithin eh schon. 3,5
Das Konzert, das SANDY DENNY And Friends 1977 im Londoner Royal Theatre gaben, hat in der Form, in der wir es jetzt auf „Gold Dust (The Final Concert)“ (Island 524 4932) geboten bekommen, überhaupt nie stattgefunden. Fast die gesamten Gitarren-Parts wurden von Jerry Donahue vor dem kompletten Remix neu aufgenommen! Und die „backing vocals“ gleich dazu. Ein ganz außerordendiches letztes Dokument von Dennys überragender Sangeskunst ist das trotzdem. 4,5