Baaba Maal – Nomad Soul; ERNEST RANGLIN – In Search Of The Lost Riddim :: PALM PICTURES/RTD

Erst war der Traum, die Idee einer vereinten Welt, Völkerverständigung und UN-Hilfswerk mit Peter Ustinov als übergewichtigem Friedensengel. Dann kam der Alptraum, die neue Weltordnung, die die alten Herrscher bestimmten und der die dritte Welt folgte, weil es sonst keine Kredite gab und in der Folge nix zu futten, außer UNO-Hilfsgütern. Es folgte die Tragödie als Komödie: Magere Kids hielten sich an dünnen Fingern und symbolisierten damit Friede, Freude und bunte Pullover. Doch auch das scheint nun vorbei: Neue Politiker vertreten selbstbewußt konsensferne Standpunkte, und Künstler der dritten Welt machen vor, wie Weltkultur aussieht, wenn sie nicht vom Westen dominiert wird.

Zum Beispiel Baaba Maal. Vor einigen Jahren fügte der aus dem Sahel stammende Senegalese aus kommerziellen Gründen seinem Album „Lam Toro“ eine Rocknummer bei, in den USA gab es zudem sogar einen Rap von Macka B. Inzwischen ist Baaba Maal ein Weltstar, der solche Opfer an die Hörgewohnheiten nicht mehr nötig hat. Dennoch ist das neue Album kein nostalgisches Roots-Album, im Gegenteil: Aufgenommen in Dakar, Kingston, London, New York und produziert (unter anderen) von Brian Eno, Howie B, Jon Hassel und Ron Aslan (Raw Stylus), entfaltet sich hier ein Musikpanorama, dessen Bestandteile so unwiderruflich miteinander verzahnt sind, daß die Frage nach ihrer Herkunft müßig ist. Klar, die prasselnden Trommelkaskaden und Maals voller, fließender Gesang sind afrikanisch, die elektronischen Soundscapes englisch. Doch ob die Chöre nun von Senegalesen gesungen werden oder von Sinead O’Connors Band The Screaming Orphans, ob das feinnervig plinkernde Saiteninstrument eine westafrikanische Kora ist oder doch eine irische Harfe vom Afro Celt Sound System, ist egal. Dies ist Weltmusik im besten Sinne, originell, einfallsreich und farbig, ohne die Herrschaft einer Sicht- bzw. Hörweise und natürlich ohne Ethno-Disco-Bummsbeat. Vermutlich die beste Afro-Platte, die wir dieses Jahr hören werden.

Außer, man macht Ernest Ranglin zum Afrikaner. Naja, vielleicht hat sich Jamaikas Gitarrenlegende schon selber dazu gemacht. Sein neues Album nahm der 66jährige jedenfalls in Dakar mit Baaba Maals Band auf. Das Ergebnis ist verblüffend, selbst für jemanden, der seit über 40 Jahren mit Reggae- und Jazz-Alben gleichermaßen beeindruckt: Ranglins verwegene Gitarrenläufe liegen über einem weichen, federleichten Percussion- und Kora-Teppich voller entspannter warmer Grooves. Doch obwohl Baaba Maal sowie die Senegalesin Cisse Djamba Kanoute als Sänger erfreuen, ist auch dies kein Afropop, sondern Weltmusik im besten Sinn, die nebenbei deutlich macht,worauf das Selbstbewußtsein der sog. Dritten Welt basiert: auf den eigenen Fähigkeiten. Musik für eine bessere Zukunft.

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