SCOTT 4 – Recorded In State LP :: V2/RTD
Junge Engländer tun so, als wären sie Amerikaner. So fing britische Popmusik einmal an. In letzter Zeit allerdings war gerade das Britischsein der Briten höchstes Gut – und wir verdanken dieser Auffassung ein paar große Momente. Jetzt scheint sich, nach Jahren der Britpop-Hegemonie, der Wind wieder leicht zu drehen. Vereinzelt tun Engländer wieder so, als wären sie Amerikaner. Scheint fast so, als verliefe Geschichte doch dialektisch.
Die ersten Anzeichen einer Amerika-Renaissance waren schon im letzten Jahr zu bemerken. Vom Insel-Grunge (Bush) wollen wir mal absehen. Aber um Weihnachten herum tauchte die Londoner Band Alabama 3 mit einer schönen Sammlung von Americana auf: Country, Blues, GospeL alles housig zusammengemixt. Alabama 3 verstehen ihre Musik auch als politische Maßnahme: Gegen den kulturellen Nationalismus, als den sie Britpop interpretieren. Ihre Parole: Buy american.
Scott 4 kommen ebenfalls aus London – und auch ihre Phantasie schweift irgendwo zwischen Nashville und Memphis umher. Hinzu kommt noch eine irgendwie nicht ganz hineinpassende, merkwürdige Vorliebe für Krautrock. Ein Song auf dieser Platte heißt zum Beispiel „Deutsche LP Record“. Alle Band-Mitglieder sind Kraftwerk-Fans. Und dann gibt es da noch dieses Sample eines altdeutschen Kraut-Klassikers: „Sah ein Knab ein Röslein stehn“. Daß die Band sich nach einem Scott-Walker-Album benannt hat, soll wohl den Eindruck eklektischer weirdness verstärken.
Aber mal halblang: Insgesamt gesehen sind Scott 4 gar nicht so sophisticatcd. Ihr musikalisches Gebäude ist längst nicht so verwinkelt wie das der High Llamas, mit denen sie Anfang des Jahres auf Tournee waren. „Recorded In State LP“ ist vielmehr das Dokument einer uralten Sehnsucht: eben der, ein Amerikaner zu sein. Sänger Scott Blixen vetsteht sich als Blues-Mann, der Gitarrist John Moody ist näher bei G. Love als etwa bei Johnny Marr.
Ein paar schöne Songs sind dabei und ein paar gelungene Gags, und manchmal macht sich eine angenehme Pavement-Schlaffheit breit. Aber im Kern ist diese neue, postmoderne Amerika-Liebe ganz die alte.