BEATS :: von Kloos & Wellner
Widmen wir uns zur Zeit der wallenden Frühlingsgefühle zunächst einigen Machwerken der romantischen Art. Platten, die der geneigte Schöngeist gern zu später Stunde auflegt, um die Seele zu beflügeln und vieles andere mehr.
PURPLE PENGUINs zweites Album „Question“ (EFA) ist so eines, unendlich vielschichtig zwischen Dub, Hip und TripHop und Jazz-Pop-Welten umherwandelnd, so wie es sich für das Paradeprojekt des Bristoler Cup Of Tea-Labels geziemt. Gut An ihre erste LP kommen sie damit aber leider nicht heran. 3,0
BOARDS OF CANADA öffnen auf „Music Has The Right To Chil-fren“(Warp/RTD)ihre Welt der Elektronik. Minimalistisch, kühl und düster, aber doch träumerisch, wie man es von Autechre kennt Alles im Schwebezustand hier! Schön so. 4,0
Auch DOBIEs „The Sound Of One Hand Qappmg“(EFA) ist so eine Platte. Könnte man denken. Schön getragen melancholisch säuselt eine Dame da, aber dann drücken sich die straighten HipHop-Beats, die schon von Beginn an irgendwo lauerten, durch die Streicher, Jazz-Breaks paaren sich mit weichen Soul-Vibes. Ein Album, das die Persönlichkeit wechselt wiejekkyll und Hyde. Musikalisches Lustwandeln mit Howie B.s altem Kumpel Dobie. Weiid Pussyfbot-Stuff mit Hang zur Londoner Old SchooL Roh und exzellent. 4,0
Ninja Tune-Sampler gehören nicht gerade zu den Platten, die man seinen Schwiegereltern am Sonntagnachmittag vorspielt Aber es liegt ein geheimer Zauber in diesen so dissonant scheinenden Klängen zwischen Brachialität und Meditation, die auch den Verträumtesten unter uns irgendwann in seinen Bann ziehen. Der dritte aus der Reihe Ninja Cuts heißt „Funkungfusion“ und schickt Jazz in harten Clinch mit HipHop, Techno und Rock oder, um mit Ninja Tune zu sprechen: „Jackie Chan playing Herbie Hancock wearing George Clinton’s bootsy.“ 4,0
DOTS & DASHES (RTD) zählen zu jener Garde Drum’n’Bass-Künstlern, die sich wie Architekten daranmachen, ein Haus aus vertrackten Drumcodes, Baß-Arrangements und Samples zu kreieren. Irgendwo zwischen Photek und 4Hero. Interessante Homelistening-Scheibe. 3,5
Mit CAPPADONNA verläßt ein weiterer Rekrut die Kaderschmiede des Wu-Tang Clan – und repräsentiert auf „The Pillage“ (Epic) die dunkle Seite des Rap: Bittere Texte über die Schattenseiten menschlichen Daseins, verknüpft mit den Wu-Tang-typischen rauhen Beats; das erträgliche Maß an Martial-Arts-Samples wird zum Glück aber nicht überschritten. 4,0
Auch ABOVE THE LAW melden sich nach jahrelanger Funkstille zurück. Ganz unbescheiden betiteln die Westcoast-Rapper ihr Album
„Legends“(Eastwest) und beweisen mit trockenen Beats und wohlgefeilten Reimen, daß sie auch welche sind. 4,0
In England legt REQ nach seinem untergegangenen Debüt „One“ mit „Frequency Jams“ (Skint/Epic) seinen zweiten Entwurf in Sachen „visionärer HipHop“ vor. Konkret bedeutet das: Trancige Flächen treffen auf klassische Breakbeats und machen Hip-Hop zur Clubmusik. 3,5
Ahnliches klabustert auch DJ CAM auf „The Beat Assasinated“ (Columbia) zusammen. Im Gegensatz zu Req läßt er aber zusätzlich noch Variationen von House und Reggae in sein Werk einfließen. So wird aus dem Album ein musikalisches Kaleidoskop, das klar macht, warum Cam als wichtigster DJ Frankreichs gilt. 4,0
RIP VAN HIPPY alias Geoffrey Haies ist ein alter Hippie mit arschlangen Dreadlocks und Batik-Klamotten, der schon mit Brian Jones und Jimi Hendrix abhing. „Waking Up b Hard To Do“ (BTM/RTD) ist aber sicher kein Album für Goa-Fans. Nach Studiojobs als Jazzmucker wurde Haies jetzt von der Techno-Muse geküßt, und mit all seiner Begeisterung fürs elektronische Genre, viel Mut für Experimente und viel Gefühl für die Möglichkeitenjazz, Dub und Psychogewitter mit Beats zu vernetzen, hält er den Goa-Blumenkindern den Zerrspiegel von Klar im Geiste und daher nahe am Wahnsinn. 3,5
Der INFRACom!-Sampler „Fast Forward“(PP) ist eine der besten Compilations, die wir in den letzten Monaten hören durften – eine geschmackvolle Auswahl von Drum’n’Bass. 3,0