Aretha Franklin
A Rose Is Still A Rose
Arista Usa (Sony Music)
Wem, wenn nicht „Ree“ (so das selbstgewählte Kürzel im Booklet), würde man die unverhohlene Selbstreferentialität schon im Titel verzeihen? So wie eine Rose wohl immer noch eine Rose ist, wird Aretha immer Aretha bleiben, den Ärgernissen einer vier Jahrzehnte währenden Karriere zum Trotz, die selbst sie nicht zu Höherem adeln konnte. Nicht wirklich jedenfalls, einfach deshalb, weil es zu traurig stimmte, wenn diese Stimme wieder mal unter Wert verkauft wurde.
Getreu der Devise, wonach Veränderung anstreben müsse, wer sich selbst treu (und in diesem Fall Lady Soul) bleiben wolle, hat die Pastorentochter aus Memphis nach ihrer großen Zeit Ende der 60er Jahre fast konstant um Definitionen von Hipness gerungen, die auch gehörige Selbstzweifel verrieten. Annäherung an weiße Pop-Stars (wie George Michael und Annie Lennox), die dankbar in ihrer Aura badeten, so lautete das Re- zept in den 80er Jahren. Das ist jetzt wohl nicht mehr nötig, nachdem Rhythm’n’Blues und HipHop massiv in den Pop-Mainstream nicht nur der USA – aber vor allem dort – durchgebrochen sind.
„4 Rose h Still A Rose“, ihr erstes richtiges Album-Statement für die 90er Jahre, wird so exemplarisch zum Gradmesser dieses Paradigmenwechsels. Der Titeltrack zum Auftakt, eine geglückte Melange aus Song-Pathos und HipHop-Groove, kann deshalb eigentlich nur von Lauryn Hill (Fugees) kommen, der eher lustlose Smooth-R&B „Never Leave You Again“ darauf nur von Sean „Puffy“ Combs. In der Folge mühen sich einschlägige Kräfte wie Daryl Simmons (Toni Braxton), Jermaine Dupri (TLC)
und Dallas Austin (Madonna, Boyz II Men) nach Kräften, den aktuellen state of the art in Sachen Soul-Pop durchzudeklinieren. Vtfobei die Ergebnisse der berühmten Zeitreisenden nicht durchweg so auf den Leib geschneidert sind wie Simmons‘ bittersüße Ballade „In The Morning“. Ja, manchmal ertappt man sich gar bei dem Gedanken, Aretha klänge nun schon fast wie ihr eigenes Sample…
Natürlich darf auch der notorische Narada Michael Waiden nicht fehlen (u. a. mit der großen MOR-Schmonzette „How Many Times“). Schließlich tummelt sich Franklin an der Seite von Michael J. Powell noch in Edel-Soul-Gefilden (die immer noch besser zu Anita Baker passen) und nimmt die Sache zuguterletzt gleich selbst in die Hand: „The Woman“ rekurriert in fast acht Minuten auf ihren größten Hit („I Never Loved A Man“) und bilanziert noch einmal das Hauptanliegen des Albums: nämlich weibliche Selbstbehauptung und -bestimmung, mithin jener „Respect“ also, den sie schon vor reichlich 30 Jahren einforderte. Die Zeiten haben sich eben doch nicht geändert. Aretha Franklin ist immer noch eine Rose: Die welken Blätter zählten nicht mehr, erblühte sie nur einmal noch zu voller Pracht Nur das Scatten sollte sie doch vielleicht den anderen überlassen…3,0