REPLAYS1 :: VON FRANZ SCHÖLER
Inspiriert von Woody Guthrie, wie ein Bob Dylan, galt PHIL OCHS eine Weile unter Protest-Folk-Aktivisten als dessen legitimer Erbe. Als Dylan mit „My Back Pages“ so etwas wie ein revisionistisches Manifest schrieb, begann der aus El Paso nach New York emigrierte Ochs erst so richtig seine Karriere als politischer Aktivist. Diese frühen Jahre dokumentiert immer noch optimal „There But For Fortune“ (Elektra, 7559-60-832-2). Jetzt hat Sid Griffin die besten Aufnahmen der Jahre 1967 bis zu Ochs‘ Selbstmord 1976 zu einer fesselnden 2-CD-Retrospektive zusammengestellt. (A 8C M 540 728-2). „American Troubadour“ rekapituliert die Tragödie eines Mannes, der sein Publikum – mit politischen Liedern sowie Country-Rock-Hymnen mit Van Dyke Parks, James Burton, Garence White und Ry Cooder im Studio dort – so lange irritierte, bis er an sich selbst zu (ver-) zweifeln begann. Ein Vierteljahrhundert später haben diese Songs eine ganz neue Aktualität gewonnen. 4,0
Ebenfalls mit Bonus-Tracks und in ganz vorzüglicher Überspielung wiederveröffentlicht wurde jetzt „A Different Kind Of Love Song“ (ARIS 21522142). Das war, wie schon das Meisterwerk „Handful Of Earth“ desselben DICK GAUGHAN, eine der überragenden Folk-Platten der 80er Jahre: ungleich politischer als die Aufnahmen von Richard Thompson aus dieser Zeit, in ihrem künstlerischen Rang aber locker auf demselben Niveau. Gaughan, „vermutlich Schottlands größter lebender Troubadour“ (Guinness Encyclopedia Of Populär Music), singt hier auch ungewöhnlich zärtliche Lieder. 4,0
Als politischer Aktivist, der das „general white supremacy shitsten“ (sie!) im allgemeinen, die christliche Religion und den Papst ganz besonders haßte, bekannte sich PETER TOSH schon mit den frühen Solo-Aufnahmen, die er neben den Platten mit den Wailers regelmäßig veröffentlichte, 19 von Vinyl (ordentlich) transferierte Singles, außerhalb von Jamaika nie erschienen, findet man auf der ersten von drei CDs des Box Sets „Honorary Citizen“ (Columbia Legacy C3K 65064). Verblüffend ist nur, daß hier drei seiner markantesten Polit-Songs – „400 Ttears“ und „No Sympathy“ gänzlich, „Downpressor Man“ in der Ur-Fassung – fehlen. Letzteren präsentiert die dritte CD neben einem guten Dutzend LP-Tracks (auch Hits wie „No Nuclear War“, „Equal Rights“ und „Legalize It“) zumindest in einer späteren Neuaufnahme. Wie die jamaikanischen Singles sind auch die (bisher niemals veröffentlichten) Live-Mitschnitte der US-Tournee von 1982 das Material, das den Sammelwert dieser Box beträchtlich erhöht. Die Liner Notes dokumentieren Peter Toshs Tod als eine besonders böse Ironie des Schicksals. Erschossen wurde er von Gangstern, deren Boß – der wegen Mordes bis vor kurzem 13 Jahre Knast abgesessen hatte er als Freund zu „resozialisieren“ versucht hatte! 4,0
Im Fall von JIMI HENDRIX war der Tod nicht das Ende, sondern der Angang einer neuen Karriere, in der mehr Platten von ihm erschienen als je zu seinen Lebzeiten. „South Saturn Delta“ (Expertence Hendrix MCD 11684) mit einem ungewöhnlich scheußlichen Cover – Jimi als bekiffter Biker – ist in dieser Endlos-Serie die bislang letzte: eine Kompilation von einem halben Dutzend schon mal auf diversen LPs erschienenen Aufnahmen mit neun veröffentlichten frühen Arbeitsfassungen bzw. Demos, alternative Studio-Outtakes wie der von „All Along The Watchtower“ oder erst (lange) nach seinem Tod fertig gemischte Aufnahmen wie der Titelsong dieser CD. Das ist sicher musikalisch noch allemal interessanter als etwa die kürzlich auf vier CDs in Box-Set-Form präsentierten gesammelten Werke von Dan Fogelberg. Und im Sammelwert letztlich auch mit 4,0 nicht zu gutmütig benotet. Aber wenn das hier schon das wichtigste unveröffentlichte Material war, sollten die Herren Kramer und McDermott die Archive nicht weiter für solche CDs plündern, sondern endlich die wichtigsten Live-Aufnahmen und dann das definitive Box Set bringen. Daß „Hendrix In The West“ oder „Live At Winterland“ bis auf weiteres „gestrichen“ sind, ist mindestens so ärgerlich wie das Fehlen von „Love You Live“ im aktuellen Rolling Stones-Katalog.
Da haben es die Fans von DUSTY SPRINGFIELD entschieden besser. Denn das schlicht „The Dusty Springfield Anthology“ betitelte 3-CD-Set (Mercury Chronicles 314 553 501-2/PMS-Import) bietet von „Silver Threads And Golden Needles“-Anföngen bis zum „Terzett“ mit den Pet Shop Boys und „In Private“ schlappe 77 Aufnahmen, auch die der Randy-Newman-Songs und manche verstreuten Raritäten. Neben „Dusty In Memphis“ in der Rhino-Version mit den Bonus-Tracks also das ultimative Teil, wenn man diese Sängerin sehr schätzt, 4,0
Eher an Kenner und Studenten des US-Psychedelik-Rock wendet sich das auf Bob Irwins Sundazed-Label veröffentlichte „Volume One“ der WEST COAST POP ART EXPERIMENTAL BAND (SC 11047/Bear Family-Import). Vor den Reprise-LPs aufgenommen, ist das Garagenrock der ambitionierteren, von Dylan bis Kinks beeinflußten Richtung. Was daran erinnert: Besagte drei Reprise-LPs wurden merkwürdigerweise bis heute nie wiederveröffentlicht. 3,0
Gegenüber diesen recht rüden Fingerübungen ist das, was die SEARCHERS 1979/80 auf zwei LPs für Seymour Steins Sire-Label aufnahmen, absolut zeitloser Power-Pop von allerfeinster handwerklicher Machart: Songs von den Records und Mickey Jupp, Dylan, Hiatt, Fogerty, Moon Martin, Alex Chilton und weiteren Schreiber-Koryphäen. 23 Aufnahmen, die keine Sekunde nostalgisch klingen! 3,0 Von der größten Rockabilly-Sängerin hat Bear Family Records noch vorm 60. Geburtstag ihre Capitol-Aufnahmen versammelt. „Tears Wil Be The Chaser For Your Wine“ (BCD 16114) bietet fast alles von WANDA JACKSON 4,0