45R.P.M.. :: VON WOLFGANG DOEBELING

Wie haßerfüllt und heftig bei Gallaghers geflucht wurde, als „Stand By Me“ (Creation/Sony) die UK-Charts nur auf Platz 2 enterte, ist nicht kolportiert. Hatten sie nicht ein laddish-trutziges „Live Forever“ für Diana angestimmt, als die Nachricht kam vom Tod der Vielverehrten? Nun kamen auch sie unter die Räder der ubiquitären Trauerhysterie und Eltons erbärmlicher Tränenmuse. Englands Rose: 4, Man City: 2. Dabei ist „Stand By Me“ der mit Abstand eingängigste Song auf „Be Here Now“ – jener, den auch die Melodieseligen lieben, die ganz Sensiblen und sogar die Mädchen. Weil sie nicht hinhören. Sonst müßte ihnen eigentlich aufgefallen sein, daß OASIS auch in diese Ballade noch reichlich Galle packen: „Made a meal and threw it up on Sunday“, raspelt Liam eingangs, und dann heben die Strings an, die Melodie ab, und es klingt, als versuche sich John Lennon als Gastvokalist der Walker Brothers. Magnificent. Woran auch die diesmal nicht so überzeugenden B-Seiten nichts ändern können, weder Noels launiges „(I Got) The Fever“ (7″), noch Liams Piano-verankertes „My Sister Lover“ (12″), obwohl das letztere ein paar große Momente hat. „Stand By Me“ aber ist, was derzeit nur Oasis können: perfect Pop. 5,0

THE CROCKETTS haben da noch einen weiten Weg vor sich, auch wenn zwei der vier Tracks ihrer „Hello & Good Morning“ 10-inch-EP (Blue Dog/V2) gehöriges Potential haben, insbesondere der Opener „Will You Still Care For Me“, eine böse und illusionslose Britpop-Umkehrung von „When I’m 64“. „Girls are made of all things nice/ Girls are made of sugar and spiee“, klampfen die Crokketts adrett, und Paul McCartney hätte die helle Freude daran.

Will you still need me, will you still feed me… Doch hier endet die Parallele zu Maccas Marshmellow-Sentimentalität, denn die Crocketts explodieren und beantworten die Frage im Chor, lautstark und ohne Selbstmitleid: „I don’t fucking think so.“ So jung und schon so weise. 4,0

Der DAWN OF THE REPLICANTS kommt aus Schottland und verteilt die vier Cuts seiner „All That Cheyenne Caboodle“-EP (EastWest) auf zwei 7-incher in einem attraktiven Schüben. Musikalisch Pistols meet Pixies, halb Punk, halb Schrammelpop, haben die Songs ein geradezu subgothisches Flair – und das nicht nur, weil mit Vokabeln wie „Graveyard“ und „Darkness“ nicht gespart wird, ein Track „Skullcrusher“ heißt und einen Text sein eigen nennt, der zu scheppernden Big Beats mit wahnhaften Vorstellungen arbeitet und nicht nur dehalb zuweilen an 16 Horsepower gemahnt: „Read the bible, you know you should.“ They’re Coming to take you away, haha. 3,5

Um THIRD EYE BLIND aus San Francisco wird eine Menge Wirbel gemacht. Das Quartett darf sich brüsten, im Vorprogramm von Oasis gespielt zu haben und auf einer Shortlist für Stones-Dates zu stehen. „Semi-Charmed Life“ (Elektra) ist nicht ohne Charme, hat den Pop der Fountains Of Wayne und eine Spin Doctors-Melodie. Besser noch ist der Indie-Wah-Wah-Funk von „Tattoo Of The Sun“ auf der Flipside. Für eels-Fans. 2,5

Wie unprätentiös und unverstellt Pop sein kann (und wie wenig von heute), machen SPY aus Berlin auf „Happy As A Child“ (Marsh-Marigold) vor: nicht meaty, aber beaty, nicht big, aber bouncy. Material, Backing und Harmonies sind homogen in ihrer Sixties-Befangenheit, und das ganze sprüht vor We

may-be-square-but-we-don’t-care-Attitüde. Für Fans der Fortunes und Hollies. Really refreshing. 3,5

Nicht anders die neueste 45 von NICK HEYWARD, der es noch mal wissen will und die Singles im 6-Wochen-Rhythmus raushaut „The Man You Used To Be“ (Crearion) ist eine Folk-Pop-Ballade mit altersweisen Worten. 3,0

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