REPLAYS1 :: von Franz Schöler

Die Idee war einfach zu gut. Also gibt es jetzt die Fortsetzung der „New Electric Muse“-Box mit dem Titel „New Electric Muse II: The Continuing Story of Folk Into Rock“ – 60 Aufhahmen auf drei CDs, keiner historischen Chronologie und keinem erkennbaren Auswahlprinzip folgend, nur handverlesene „appetizer“ aus dem Repertoire prominenter Folkund Folkrock-Interpreten der britischen Insel. Eine Auswahl, die Lust auf mehr auf den LPs dieser Musiker machen will. Neben bekannten Namen (von Albion Band, Fairport Convention und Pentangle bis zu Norma Waterson) findet man auch eher Spezialisten geläufige Namen von Folkies und natürlich reichlich meisterliches Liedgut ä la „Dimming Of The Day“ von Richard und Linda Thomson. Trotz konservativer Auswahlprinzipien (da typisch: der Genre-Klassiker „Dirty Old Town“ nicht in Rod Stewarts, sondern der Aufnahme der Ian Camp bell Folk Group) verdient das hohe Niveau dieser Kollektion allemal 4,0 (Castle Essential ESBCD 517).

Das wunderbarste Sammlerteil der letzten Zeit kommt einmal mehr aus dem Hause Rhino. „Beg, Scream & Shout – The Big 0l‘ Box Of ’60s Soul“ (Rhino R2 72815/contraire-Import) bietet in Auswahl aus nahezu allen wichtigeren Soul-Labels der 60er Jahre 144 große und auch kleinere R&R/Soul-Hits. Auch die Superstars von Ray Charles bis Stevie Wonder sind da jeweils nur mit einem Erfolgs-Song vertreten, denn auf diesen „nur“ sechs CDs wollte man auch und vor allem viele süperbe Soul-Aufnahmen präsentieren, die entweder der einzige Hit des betreffenden Interpreten waren oder aber es nie in die allerobersten Hitparaden-Regionen schafften. Genau dieser Mix aus Soul-Evergreens und hochkarätigen Raritäten ist es natürlich, der dies Set zum denkbar angenehmsten Aha-Erlebnis macht. Die rarsten Funde in dieser Schatzkiste sind Singles wie „Tainted Love“ von Gloria Jones, die in der Originalaufhahme totale Flops waren und erst in der Cover-Version von Soft Cell Jahrzehnte später weltweit zum Hit wurden. Tonmann Bill Inglot legt gesteigerten Wert auf seine Feststellung, daß er aus Gründen der Authentizität – wo immer möglich und auffindbar – natürlich nur die für die Singles produzierten Mono-Mixes zur Überspielung hier benutzt hat Also jene Abmischungen, die damals zu den Hits wurden! Was dieses Box-Set auch zu einem Muß für Soul-Fans macht, die viele der bekannteren Songs schon im Stereo-Mix auf CD besitzen. Angesichts der Fülle des Materials und des alles andere als niedrigen Preises hätte man hier eine ähnlich gründliche Dokumentation wie bei der „Golden Age Of American Rock’n’Roll“-Serie von Ace oder den hauseigenen „Doo Wop“-Boxen wohl erwarten dürfen. 5,0

Noch viel dürftiger und oberflächlicher sind die Informationen im Fall – der auf einer „twofer“-CD gekoppelten – ersten beiden Langspielwerke „I’m A Stranger Too“ und „Don’t It Drag On“ des verkannten Singer-Songwriter-Genies CHRIS SMITHER aus den frühen 70er Jahren (Collectables COL-5838). Anders als Label-Kollege Townes Van Zandt nahm Smither nur ganze drei LPs für Poppy Records auf, von denen United Artists das dritte bis heute nicht veröffentlichte, obwohl ja dort derart prominente Kollegen wie Lowell George, Dr. John und Bonnie Raitt mit ihm musizierten. Letztere hatte für ihr zweites Album „Give It Up“ dessen „Love You Like A Man“ in einer hinreißenden Cover-Version eingespielt. Das war 1971 Smithers „Antwort“ auf Led Zeppelins „Lemon Song“ gewesen – mit Versen wie „They all want you to rock you like your back ain’t got no bone/ What you need is a man who can rock you like your backbone was his own!“ Trefflicher hätte das auch ein Randy Newman nicht formulieren können, von dem wiederum Smither schon damals gern Songs aufnahm. Der Mix aus Originalen und brillant neu arrangierten Cover-Versionen war seinerzeit so faszinierend wie bei den neueren Platten, die Smither nach langen Jahren des Suffs seit seinem Come-back vorlegte. Klassiker wie das von Bonnie Raitt übernommene „I Feel The Same“ findet man hier alle im Original. Endlich! 4,5

Bei etwas weniger Profitgier hätte man die vier Epic-LPs der amerikanischen Psychedelic-Rocker von KALEIDOSCOPE auch auf zwei „twofer“-CDs wiederveröffentlichen, sprich „Side Trips“ mit „A Beacon From Mars“ und „Incredible!“ mit JBemice“ koppeln können. Zumindest im Studio konzentrierten sich während der Hochblüte der LSD-Ära die Herren Lindley, Darrow & Co. so weit aufs Wesentliche, daß die je rund eine halbe Stunde dauernden Werke locker auf zwei CDs Platz gefunden hätten. Den besten Querschnitt durch den radikal ausgeflippten „Weltmusik-Folkrock“ des Westküsten-Quintetts bietet immer noch „Egyptian Candy“ (Epic Legacy EK 47723). Die kompletten Einzel-CDs (Edsel EDCD 531 ist 534/contraire) sind eher ein Pflichtpensum für Dissertationen über den West Coast Rock jener Jahre. 2,5 bis 3,5

Angesichts der Materialfülle – 27 Aufnahmen bei knapp 76 Minuten Spieldauer – und der optimalen Überspielqualität ist „The Very Best Of The Byrds“ (Columbia 487995 2) ein absolut exemplarischer Sampler, gegen den sich auch angesichts des lachhaft niedrigen Preises – keinerlei Argumente vorbringen lassen. Ganz klar 5,0.

Eine ähnlich gelungene Nachlese gibt es jetzt – als Doppel-Set auch von FRANK SINATRAs Reprise-Jahren. In der Sorgfalt der Auswahl kommen diese 46 Aufnahmen von „My Way – The Best Of Frank Sinatra“ (Reprise 936246712-2) dem Anspruch im Titel näher als sämtliche Sampler der Firma zuvor. 4,5

Zum großen, tragischen Kämpfer Phil Ochs und einer schönen Compilation demnächst mehr.

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