Spiritualized – Ladies And Gentlemen We Are Floating In Space :: Dedicated/RTD
Und irgendwann läuten wirklich die Glocken. Das fallt kaum auf, denn die Musik von Spiritualized vibriert auch ansonsten wie die Luft in Rom zur Osterzeit, wenn es da aus jedem Winkel sakral widerhallt. Dabei fuhren die Engländer ihren Orchester-Rock nicht zu Ehren eines bestimmten Gottes auf. Religion ist für sie zwar alles, Gott aber nichts. Oder eh in allem und deshalb nichts – da sind sie Pantheisten. „No God Only Religion“ heißt eine instrumtale Hymne, in der Spiritualized ihr Anliegen noch einmal so deutlich formulieren wie schon in ihrem Namen: Hier wird, Brüder und Schwestern, die spirituelle Erfahrung im Klang gesucht.
Eine Idee, die erstmal nicht viel origineller ist als ein Badeurlaub in Goa. Doch bei Spiritualized zeitigt sie ganz erstaunliche Ergebnisse. Wie einst MC 5 nähern sie sich dem Rock als Weg zur Befriedung des Geistes, doch die symphonisch ausladenden Riffs fungieren hier als Flügel, die Platz bieten für einen Großteil der Pop-Geschichte. Soul im Stil von Van Morrison, einem anderen (temporär) Erleuchteten, folgt hier auf Gospelchöre, und ganz am Anfang zitieren Spiritualized Elvis und sein „Can’t Help Falling In Love“ – weshalb sich die Veröffentlichung des vorliegenden Albums verzögert hat, denn die Sample-Rechte mußten erst noch geklärt werden.
„Ladies And Gentlemen We Are Floating In Space“ ist das dritte Album von Spiritualized, und es hält genau das, was britische Pappnasen wie Primal Scream alle paar Jahre mal wieder versprechen: die Widergeburt der Psychedelia mit den Mitteln des Pop. Das liegt vor allem an der Fähigkeit des Spiritualized-Kopfes Jason Pierce, der in den Achtzigern der Drogenrock-Institution Spaceman 3 vorgestanden hat. Klassisch anmutende Streichersätze, Free-Jazz-Bläser und Percussion-Orgien – Orchesterleiter Pierce ordnet den schieren Überfluß an Sounds nach strengen Maßstäben. Hier ist immer alles auf den Punkt gebracht. Und oft auf einen einzigen Ton, denn Minimalisten wie John Cage haben in den Klang-Monumenten von Spiritualized ihre Spuren hinterlassen. „The Individual“ heißt der schönste Moment, er dauert ganz lange. Ein atonales Rauschen ist das, und es fallt auf den Hörer wie gleißendes Licht Sag‘ Erleuchtung dazu.