MARK EITZEL – WEST :: WEA
„I know, I failed“, sagt Mark Eitzel gern in sehr unpassenden Augenblicken, zum Beispiel, wenn er eine neue Platte promotet. Und irgendwie scheint er das Scheitern zu schätzen, dieser Songwriter, dessen Gemüt so zerknautscht ist wie der kleine Pepita-Hut auf seinem Kopf. Wer seinen Werdegang über die letzten zehn Jahre verfolgt hat, wird das Gefühl nicht los: Mark Eitzel nimmt schlechte Alben auf, um gute Songs zu schreiben, die er dann beseelt in den Bars um die Ecken dieser Welt singt.
Die sieben Platten, die er mit seiner Band American Music Club aufgenommen hat, hält der Künstler alle für mißlungen. Was natürlieh übertrieben ist, schon weil das ihm verhaßte „Mercury“ ausnahmsweise ein Meisterwerk darstellt. Doch durch „Everclear“ oder all die anderen immer leicht desolat produzierten Alben schimmert tatsächlich nur schwach die Größe dieses Songwriters durch, der in seinen Solo-Konzerten noch den hartgekochtesten Typen weichklopft. Das Scheitern scheint bei solchen Auftritten nur noch Teil eines mit Grandezza aufgeführten Schauspiels zu sein, in dem Mark Eitzel den komischen Tragöden gibt.
Oder den Chet Baker. Was natürlich nicht immer funktioniert, wie der Mann aus San Francisco unlängst nach seinem ersten regulären Solo-Album „60 Watt Silver Lining“ feststellen mußte. Zwar komponierte er dafür in einem nahezu klassischen Modus, und seine Stimme oh ja, seine Stimme! – wehte weich und traurig wie die Asche verloschener Sterne durch den Raum. Doch die Instrumentierung war stellenweise abgeschmackt, was nicht zuletzt am Trompeter Mark Isham lag, der normalerweise in Hollywood Soundtracks als Konfektionsware herunterproduziert. Mark Eitzel läßt sich oft von den fälschen Leuten vereinnahmen. Und da sind so viele, die ihn vereinnahmen wollen, denn alle lieben den traurigen Clown.
Jetzt ist er mit Peter Bück von R.E.M. ins Studio gegangen, der sich in Interviews vor Verehrung für ihn geradezu überschlägt. Wovon auf „West“, so der Titel ihrer Kooperation, leider nichts zu hören ist Ganz schnell sind die zwölf Songs geschrieben und aufgenommen worden. Peter Bück spielt seine Gitarren, Mark Eitzel singt dazu seine Lyrics. Was jeweils seinen Reiz hat, zusammen aber noch keinen Sinn ergibt. Okay, die runden, jazzigen Vibes von Marimba oder Saxophon können zwar stellenweise überzeugen. Doch ansonsten musizieren die beiden isoliert in ihren Kosmen und beweisen, daß zwei gute Songwriter allein noch keinen guten Song machen.
Eitzel immerin versucht, mit seinem schwermütigen Timbre Bucks bimmelnden Folk-Rock-Akkorden hinterherzuhecheln. Bück aber gibt sich keine Mühe. Der musiziert, wahrscheinlich ohne bösen Willen, als sei er mit R.E.M. im Studio. Deshalb enthält „West“, das jetzt als zweites Soloalbum von Mark Eitzel verkauft wird, ein Dutzend Nummern, die als Füllmaterial auf R.E.M.-Alben nicht auffallen würden. Ganz schlimm: Eitzel muß „In Your Life“ singen, einen älteren Song aus Bucks Feder, den der irgendwie nie bei seiner Haupt-Band unterbringen konnte. In Zukunft wird Eitzel also als R.E.M.-Buddy durch die größeren Medien geistern, aber trotzdem keine einzige Platte mehr als zuvor verkaufen. Tragisch ist das – und, naja, Stoff für ein paar neue Songs.
In New York liegen angeblich übrigens schon die fertigen Bänder eines weiteren Albums herum, das Mark Eitzel unter anderen gemeinsam mit Kid Congo Powers eingespielt hat Soll wahrscheinlich keiner wissen, schreiben wir aber trotzdem. Denn da glimmt er nämlich noch einmal verlockend am Horizont: der Silberstreif auf Sparflamme.