DAVID BOWIE: Irres Identitäten-Spiel auf dem Lost Highway
In der Mitte der Leinwand flackert der gelbe Mittelstreifen einer Straße, alles andere ist tiefe Nacht. Die Landstraße führt direkt ins Nichts es ist der „Lost Highway“. Und passend dazu singt David Bowie erratisch „I’m Deranged“.
Erstaunlich, wie sich der Engländer immer wieder gleichermaßen salopp und zielstrebig in die wichtigsten Kontexte der Kunst spielt Erst neulich feierte Bowie im ganz großen Stil seinen 50. Geburtstag, aber auch weiterhin gelingt es ihm, alle aktuellen Strömungen für seine Zwekke zu nutzen.
Wenn irgendetwas passiert, dann ist David Bowie ganz sicher irgendwo in der Nähe. Daher lieferte er mit jenem Song die Musik zum Vorspann von „Lost Highway“, David Lynchs mit allen Sehgewohnheiten brechende Studie über Abgründe der menschlichen Seele. Deshalb brachte er vor einigen Monaten ein Album mit kunstvollen Drum’n’Bass-Beats heraus – geht er diesen Monat auch gemeinsam auf Tournee mit The Prodigy, der aufregendsten Band seiner Heimat Auf unserem New-Voices-Sampler präsentieren wir den Song „I’m Deranged“ – im Original 1995 auf dem Album „Outside“ erschienen im aktualisierten Drum’n’Bass-Gewand. Daß Breakbeats für ihn mehr als hübsches Beiwerk sind, bewies Bowie kürzlich mit „Earthling“, seiner kühnsten Platte seit „Scary Monsters“. So wie er damals die Mittel der New Wave für seine Zwecke nutzte, experimentiert er heute mit Jungle-Rhythmen. Das Spiel mit den Identitäten dient ihm nur als Zweck, die eigene immer schärfer zu konturieren. Er kann machen, was er will: David Bowie bleibt David Bowie.