Replays 1 von Franz Schöler

Nur Prinzipienreiter werden behaupten, daß man die „Roadsongs“ des late great Townes Van Zandt nie und nimmer in der neuen Form hätte wiederveröffentüchen dürfen. Denn anders als beim ursprünglichen Album – das bot ausschließlich Cover-Versionen seiner Lieblings-Songs – sind hier jetzt (Normal CD 195/Indigo-Vertrieb) zwei der drei Bonus-Tracks Eigenkompositionen. Und die neue, weit faszinierendere Cover-Gestaltung erinnert in ihrer Schwarzweiß-Melancholie sicher nicht von ungefähr an Bogdanovichs „Last Picture Show“. In dem knappen halben Dutzend Live-Platten dieses Sängers hatte die „Road Songs“-Kollektion immer schon eine Ausnahmestellung. Was sein letztes Studio-Album „No Deeper Blue“ angeht, sollte die Plattenfirma das endlich nicht nur aus Pietät, sondern aus künstlerischen Erwägungen – in dem auf DAT vorliegenden und um Klassen besseren, weil noch nicht überproduzierten „Rough Mix“ wiederveröffentlichen! 4,0

Mit nur einem Bonus-Track, dafür aber ebenfalls in vorzüglicher Uberspielung gibt es jetzt erstmals als CD Roy Harpers meisterliches „Bullinamingvase“ von 1977 (Efa CD 05225) – das mit der „One Of Those Days In England“-Suite und so todtraurigen Folksongs wie „Cherishing The Lonesome“, die nicht weniger eindrucksvoll sind als die besten des großen TVZ. Im neuen Hochbit-Transfer klingt das genauso gut wie seinerzeit die vorzügliche Pressung! 4,5

Gleich um Klassen besser als je zuvor auf Vinyl klingt das, was von den Aufnahmen des Songwriters auf der Kompilation „Listen, Listen -The Best Of Emitt Rhodes“ (Varese Sarabande VSD-5591) zu hören ist. Dieser zu Unrecht in Vergessenheit geratene Emitt Rhodes hatte seine Lehrjahre in der Gruppe The Merry-Go-Round absolviert, bevor er für sein Solo-Debüt „Emitt Rhodes“ von 1970 das wirklich ein radikaler Alleingang war wie vergleichbare Platten von McCartney, John Fogerty und Todd Rundgren! – von der Kritik schon über den sprichwörtlichen grünen Klee gelobt worden war. Von diesem Debüt bietet der Best Of-Verschnitt gleich sieben der zwölf Songs in noch besserer Überspielqualität als die Original-CD von MCA! Wer den just geadelten Mc-Cartney der Jahre von „Martha My Dear“ bis „Band On The Run“ schätzt, wird dies Album garantiert mögen: Manche dieser meisterlichen Pop-Miniaturen klingen doch glatt wie „Doppelgänger“, auf die wiederum auch ein Marshall Crenshaw stolz wäre, hätte er sie denn geschrieben. Ein US-Import, nach dem bei einschlägigen Spezialisten zu fahnden sich auf jeden Fall lohnt! 4,0

Colin Escott findet viele freundliche und wohlabgewogene Worte über Tim Hardin. Aber auch er kann und will nicht leugnen, daß die CBS-Jahre 1968 bis 1972 nicht die schöpferischsten des legendären Singer/Songwriters waren. Alkohol und Heroin hatten ihn zu diesem Zeitpunkt schon so weit paralysiert, daß die Columbia-Manager ihn am Ende wohl als „ausgebrannten Fall“ abschrieben. „Hang On To A Dream – The Verve Recordings“ ist natürlich das Doppel-Set, das Hardins Rang als einen der ganz Großen dokumentiert. Was aber den Sammelwert der CBS-„Tim Hardin Collection“ (Columbia Legacy 485 108 2) drastisch erhöht, sind die fünf hier erstmals veröffentlichten Aufnahmen der Nashville-Sessions vom September 1968. Wieso die bislang unter Verschluß blieben, verstehe, wer kann. 3,5 Weithin identisch mit „Tim Hardin 3“ von 1968 ist das neuerdings wieder aufgelegte „Live In Concert“ (Polydor Chronides 527 448-2/PMS-Import). Nämlich bis auf die drei vormals unveröffentlichten Bonus-Tracks. Mit diesen bringt es die konzertante „Best Of“-Nachlese auf immerhin siebzig Minuten Spieldauer. 4,0

Erstmals komplett auf einem Album: alle Sessions zu „A Little Touch Of Schmilsson In The Night“ auf einer CD mit dem passenden Titel „As Time Goes By“ (Camden 418362/ARIS-Import). Sehr eigenwillige und nicht unumstrittene Interpretationen von Standards der amerikanischen Populärmusik. Daß Harry Nilsson hier sanglich in der Form seines Lebens war, hat andererseits auch niemand ernstlich bezweifelt. Nostalgie pur. 3,0

Nicht mehr so ganz in der Form seines Lebens war Pete Townshend, als er die Songs zu den jetzt als Remix/Remaster-Fassungen neu aufgelegten WHO-Platten „The Who By Numbers“ (Polydor 533 844-2) und „Who Are You“ (Polydor 533 845-2) schrieb. Pech: Mit „Who’s Next“ hatte er die Meßlatte für kommende Platten so hoch gelegt wie die Stones mit „Exile On Main Street“. Wiederhören macht beim ersteren Album insofern viel Freude, als man feststellen darf: Mit einer Handvoll überragender Songs war „The Who By Numbers“ eigentlich zunächst unterbewertet! Auch dank der drei vorzüglichen (Live-)Bonus Tracks verdient das Werk mindestens 4,0

Dagegen ist das unter chaotischen Umständen entstandene „Who Are You“ mit 3,5 fast schon zu wohlwollend benotet.

Zeitlos gut und nicht nur den Deadheads wärmstens empfohlen: Die Grateful Dead „Dozin‘ At The Knick“ mit einem 3-CD-Live-Set, im März 1990 mitgeschnitten, mit wunderbaren Evergreens („Stella Blue“, „Uncle John’s Band“), einigen exzellenten Cover-Versionen und so unbändiger wie grenzenloser Spielfreude (Grateful Dead Records GDCD3 4024/TIS-Import). Total anachronistisch und darum erst recht 4,5

Sowieso zeitlos und ohne jede Patina: die 96 Aufnahmen auf dem 4-CD-Box Set „The Complete Capitol Singles Collection“ von Frank Sinatra (Capitol 838 089 2). Keine „Best Of“-Retrospektive und auch etliche Aufnahmen enthaltend, die Sinatra am liebsten vergessen machen würde. Kann er aber nicht. Denn diese Singles sind ja längst ein unvergänglicher, bedeutender Teil der Populärmusik-Folklore des Jahrhunderts! 5,0

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