Nuggets von Jörg Gülden
Wer auf die kommenden Kinderlein, die süßer nie klingenden Glocken und die brennenden Bäumme so allergisch reagiert wie der Rezensent, der greife zur „Nuggets“-Kur. Satisfaction guaranteed! Z. B. durch SLIPPERY JILL. Das Trio aus Tucson/Arizona haut auf seinem gleichnamigen Album (San Jacinto Rec. DRAM 2020) einen solch derben Riffrock raus, daß Sentimentalitäten jedweder Art gar nicht erst aufkommen können. Die höheren Weihen verlieh dem herrlichen Gitarren-Kracher der Produzent, und der hieß Rich Hopkins! Nuff said?
Bleiben wir doch der Einfachheit halber in Tucson, denn hier ist auch der Singer/Songwriter JOE RUSH beheimatet. Auf „Play And Play And Play“ (JovenRec. 35001-2) spielt Rush, sparsam von Drums, Baß und einer weiteren Gitarre begleitet, einen ganz eigenen, eindringlichen Desert-Rock und trägt seine Songs mit einer Stimme bar jeder Effekthascherei so vor, daß einem fast schwindelig wird. Wer Rushs Kollegen Chris Burroughs nachtrauert (der hatte mal zwei exzellente Alben auf New Rose), der hat hier den (fast) noch besseren Nachfolger gefunden. Hier geht einem ein Musiker wahrlich unter die Haut!
Szenenwechsel: Texas. Dort haut BUGS HENDERSON (52) seit 1960 in die Saiten. Mal für B. B. King, mal für die Allman Brothers. Er war Mitglied der schrägen Folk-Punk-Band Mouse And The Traps, aus der später die famose Country-Rock-Gruppe Rio Grande wurde, und er spielte auf Wunsch alles: vom Blues über Soul bis zur Tanzmucke. Doch 1976 stellte er sich endlich auf eigene Beine und präsentierte sich einem spontan begeisterten Publikum mit seinen Shuffle Kings. Auf „Four Tens Strike Again“ (Taxim TX1029-2 TA), dem mindestens achten Werk dieser Formation, läßt der „Daredevil Of The Red Guitar“, so ein älterer Albumtitel, den Sechssaiter wieder laut und klar sprechen: Texas-Blues und Shuffles, dazu Cover-Versionen der Marke „Hut ab“: z. B. Little Richards Urschrei „Lucille“, Dylans „Highway 61 Revisited“ oder Creams „Sunshine Of Your Love“. In Texas ist halt alles größer, schneller und lautet Sogar der Blues!
Wo die SHAKIN‘ APOSTLES herkommen, ist unschwer zu erraten, heißt ihr Album doch „Austin, Texas“ (Blue Rose BLU PC0036). Doch mit diesem Werk hat es eine besondere Bewandtnis, denn es präsentiert fünf Titel des Debüts „Shakin’Apostles“, vier Tracks des zweiten Albums „Tucson“plus vier unveröffentlichte Iive-Titel u. a. mit Mike Wilhelm an der Slide und einen Studiotrack, bei dem zwei Ex-13th Floor Elevators-Musiker mitwirken. Wer die beiden Alben der Apostel kennt, der weiß, daß sie auf dem Debüt noch zwischen Country, Blues und Cajun schwankten, sich auf „Tucson“ aber eindeutig für den Country-Rock ä la Poco oder Flying Burrito Brothers entschieden hatten. Noch Fragen?
Wearefamily… Nach Bruder Will, der früher bei den dB’s die Trommeln rührte, tritt nun auch Schwester AMY RIGBY ins Rampenlicht, und zwar mit einem Konzeptalbum. „Diary Of A Mod Housewife“ (Koch KOC-CD 7922) schildert das Leben einer amerikanischen Hausfrau, die ihre Selbsterfahrung in der Rolle einer Rockmusikerin macht. Ein elegantes Album mit so illustren Namen wie Ira Kaplan, Jay Sherman-Godfrey oder Greg Leisz, das der Ex-Cars-Gitarrist EUiot Easton als Produzent gekonnt in Szene gesetzt hat. Wer „Surprise“ von Syd Straw liebt, auf den wartet hier eine Überraschung…
Zu guter Letzt noch eine Kelle Heartland: DAN KIELER stammt aus Pennsylvania und verdiente sich erste Meriten mit der Band El Kabong. Auf seinem Solo-Debüt „Haunted“(Blue Rose BLUCD 00349) läßt er, meist nur von Baß und Drums begleitet, mit seinem Gitarrenspiel die Byrds hochleben und in seinen abwechslungsreich arrangierten Songs das Leben in all seinen Facetten – Hoffen und Bangen, Lieben und Leiden – Revue passieren. Jeff Murphys (Shoes) Produktion adelt das Werk.
Zu beziehen sind die Alben in der Regel bei: ChillMusic, Scheeren U, 28865 Lilienthal, Taxim Records, Am Dobben 3, 27330 Asendorf oder Glitterhouse, Grüner Weg 25,37688 Beverungen.