Arto Linsay – The Subtle Body
Im Booklet seines neuen Albums dankt Arto Lindsay vielen Japanern. Dafür fehlt Peter Scherer, mit dem er in den 80er Jahren die Ambitious Lovers führte – eine Band, deren Name schon das Programm enthielt: ambitionierte Avantgarde und musikalische Liebhaberei. Mit dem Schweizer Scherer verschwand auch der zickige Funk; es blieben: Chanson, Latino, Tropical, Bossa Nova. Bei den Ambitious Lovers hat das alles nicht so recht funktioniert – stets waren sämtliche hippen New Yorker Künstler am Werk, aber richtige Songs entstanden dabei selten.
Auch diesmal geisterte der Installateur Professor Brian Eno durchs Studio und sorgte für „sonics“, also Störgeräusche. Eno stört ja tatsächlich immer öfter. An „The Subtle Body“ (oder „O Corpo Sutil“) konnte er indes nichts verderben, denn die Stücke hat Lindsay mit Caetano Veloso, Ryuichi Sakamoto, Bill Frisell und dem DJ Towa Tei komponiert. Musikalische Weltreisen und ähnlicher Humbug gehören natürlich zu den großen Mißverständnissen der populären Musik, ebenso die Suche nach den Wurzeln und das Forschen in der Authentizität. Nach Japan und Brasilien jedoch hat sich Arto Lindsay vermutlich nicht bewegt; er blieb schön am Schreibtisch und schrieb ein paar Zeilen, die nicht viel bedeuten (wobei wir die portugiesischen vorsichthalber ausklammern). „My mind is going/ All day inventing you“, „I hear the bedsprings/ But there’s nobody in bed“ – schreiben kann Lindsay nicht, wie übrigens auch nicht singen. Aber sein zartes Wimmern mit dünnem Stimmchen fugt sich schlüssig in die mit den filigranen Piano-Gitarre-Percussion-Texturen der kleinen Besetzung.
Es liegt ein Laissez-faire über den Songs, eine Atmosphäre melancholischer Entspanntheit. Dennoch entkommt Lindsay (manchmal gefährlieh knapp) dem bloßen Ambiente, der Lounge- und Cocktail-Musik, die das Negativ der musikalischen Weltreise bildet: Überall gewesen, und das Klischee war schon da. Lindsay klingt eher, als sei der Gang vom Bett in die Küche die gemütlichste und erhebendste Reise. Und auf dem Balkon spricht man Portugiesisch.