Busch – Entsetzlich

Juvenile Leiden in Deutschland, einmal mit Schmelz, einmal mit Schmiß. Abgeklärte, durchtriebene Gefühligkeiten von Männern, die schon mal jünger waren und gar keine Wut mehr im Bauch (oder sonstwo) haben und – anders als Blumfeld, anders als selbst Tocotronic – gegen nichts protestieren. Die neue Romantik! Rein zufällig aus der romantischen Kapitale Hamburg – im einen Fall das Label, im anderen die Musiker.

Busch sind eine Band, die mit den anderen, den rockenden Bush aus England nichts verbindet. Busch ist das Projekt des Herrn Kreuder, der in schöner Tradition auf den Vornamen verzichtet, verzwickt-grandiose Arrangements für Pop-Quartett und Streicher schreibt und kryptische, kopfhängerische Texte dazu. Die Maxime lautet: „Ich bin auf niemandes Seite/ Denn niemand ist auf meiner“ – aber da gibt es immerhin „die ‚Helens‘ und ,Amelies‘, die das Leben nicht einfacher, aber doch leichter zu ertragen machten“. So der nun doch schon ältliche Bohemien im Booklet. Ein Morrissey-Nachfahre und Höhlenbewohner stellt sich hier vor: „Komm selbstgewählte Einsamkeit/ Wir sind niemals allein hier/ Denn: Wir brauchen uns nichts auszudenken/ Wir sind ein recht kleiner Club hier/ Wir sind kaum mehr ab zwei.“ Ein bißchen sperrig zu singen zwar, aber Kreuder drängt es nicht nach vorn. Die perfekte Verfassung seiner Lieder erlaubt auch beiläufiges Hören. „Entsetzlich“ ist ein Album voll Harmonie – und trägt doch den richtigen Titel: Denn der Weltschmerz, das Herzweh, die Sehnsucht lasten schwer auf dem Lebenskünster. Jung sein und jung bleiben/ Nur einen Steinwurf von hier entfernt/ Saunas ist überall.“ In Saunas, Kalifornien, beendete der Schriftsteller Richard Brautigan sein Leben, nachdem er seine Kindheit nicht mehr finden konnte.

Vom „Gefühl, einfach wegzusinken“, singen Camping, die mit „Maritime Strick- und Regenmoden“ ein besinnliches Stück beschwingter Kammermusik vorlegten. Mit den Fünf Freunden haben sie den Beat geübt, mit Camping folgen sie nun den Melodien des Teenage Fanclub. Die Streicher-Prospekte sind auf „Gas- und Freizeit-Shop“ verschwunden, weil man mit solcher Besetzung heute nicht auftreten kann.

Macht gar nichts: Der Gitarrenpop des Quartetts um Henning Fritzenwalder kommt jetzt zu sich selbst in einem munteren Eklektizismus, der die Vorbilder schon verdeckt und unnötig macht. Songs wie „Ich kenn dich“ und „Du hast einen guten Haarschnitt“ sind noch spätpubertär und linkisch im Gestus, haben aber Mitsingcharakter und den Charme der lang bedachten Alltagsweisheit. Easy Listening auf schweren Einsichten.

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