Steinbruch Kurzbesprechungen
Das Motto des Marina-Labels lautet „Music is love“, und viel Liebe brauchen vor allem die Betreiber, denn die Spezialisten fürs Romantische, Wohltönende und Schottische urteilen nicht nach marktwirtschaftlichen Gesetzen. Das erste Kapitel ihrer dreijährigen Arbeit wird nun von dem luxuriös ausgestatteten Sampler „IN BED WITH MARINA“ (Indigo) beschlossen: 22 Songs von Paul Quinn, The Bathers, Secret Gold&h, Bernd Begemann, Harpers Bizarre, auch ein unveröffentlichtes Stück von Edwyn Collins sowie „Marina“ von Antonia Carlos Jobim. Der schönste Song stammt von den Melodienmagiern Teenage Fanclub: „Some People Try To Fuck With You“, ein Hit mit bittersüß gesäuseltem Schmelz. Und davon, nicht wahr, handelt alle große Popmusik. 4,0
Früher gebot der Songschreiber Klaus Cornfield mit seiner Band THROW THAT BEAT! über ein buntes Comic-Pop-Universum, heute rockt das Ensemble satt im Stil der hymnischeren Brit-Popper und scheint auch Pavement studiert zu haben. „Sex Tiger“ (EMI): sehr clever, recht sexy. 3,5
Zu beobachten ist die junge amerikanische Songschreiberin SARAH MASEN. Auf ihrem ebenso betitelten Debüt (re:think/Pila) spielt sie muskulösen, von ihr so genannten „Metamodernfolk“, und der Begriff trifft es gut: elektrisch, eingängig, unversponnen. 3,0
Die Feelies gehörten einst zu den besten Bands der Welt, und deshalb muß man auf sie verweisen, wenn von Glenn Mercet; Dave Wekkerman und ihrer Gruppe WAKE OOLOO die Rede ist. Auch auf „Stop The Ride“ (Konkurrent/EFA) sind Mercers Songs gut, nie sehr gut – aber das Zusammenspiel kulminiert selten im melodischen Rausch… eben der Feelies. 3,0
Mit King Crimson, David Bowie und den Talking Heads hat ADRIAN BELEW schon alles gemacht Auf „Op Zop Too Wah“ (Virgin) macht er noch mehr: genialische Gitarren-Experimente, Trommelgewitter, verbogene Rhythmen, Psychedelik, Samples, Kirchenchöre und Beatles-Melodien. Kunst also. Anstrengend. 2,0
STEEPLEJACK aus Minneapolis haben in Andy Sullivan und Ben Connelly nicht nur gleich zwei potente Songwriter an Bord, sondern beerben auf „Kitdien Radio“ (Blue Rose/RTD) obendrein Bluegrass wie Replacements gleichermaßen respektlos. Dazu düster-humorige Texte von Format: „Cause when you love the bottle, you don’t break no hearts…“ könnte auch von Richard Thompson sein. 3,5
Wortgewandte Kapitalismuskritik und rauhe Liebespoesie mögen derzeit nicht gerade en rogue sein. Doch DAVID GRAY begeistert auf „Sell, Sell, Sell“ (EMI/IRS) mit durchdringend-hellem Vibrato, semi-akustischer Top-Begleitung und einer modernen Interpretation des „Folk Song“ (Songtitel, die Beachtung weit über die Trad-Song-Gemeinde hinaus verdient. 4,0
Vier Männer, zwei Gitarren: Die HOODOO GURUS geben einfach nicht auf. Prätention ist den schnörkellos-kernigen Australiern auch im „Blue Cave“ (Zoo/ARIS) fremd. Nur ist die daraus gestrickte Power-Akkord-Schlichtheit nicht durchweg so erhebend wie im Requiem „Night Must Fall“.
2,5 Gibt’s in Seattle eigentlich auch eine Sonnenseite? Offensichdich. Dort müssen jedenfalls SUPER DELUXE zu Hause sein, die auf „Famous „(Revolution/ARIS) einen unverschämt anschmiegsamen und schmissigen Super-Power-Pop in der Tradition aller relevanten Verdächtigen kredenzen, der das Quartett eigentlich ziemlich bald ziemlich berühmt machen müßte. Aber man weiß ja, wie – dumm – sowas manchmal läuft. 3,5
Sie mag ein Herz aus Gold haben, eine Stimme wie ein Bergbach nach der Schneeschmelze, jauchzend und glucksend und klar, von den unübersehbaren körperlichen Attributen einmal ganz abgesehen, aber wenn es um Songs geht, hat DOLLY PARTON einen erratischen Geschmack. Auf „Treasures“ (MCA) nimmt sie sich ihre liebsten Fremdkompositionen zur Brust, von naheliegenden Country-Chestnuts wie „Befund Closed Doors“ und „Satin Sheets“ bis zu Neil Youngs ScFi-Öko-Hymne „After The Goldrush“, die Dolly allerdings gründlich erdet: Die Zeile, „I felt Iike getting high“ wollte ihr wohl einfach nicht über den Schmollmund kommen, und so klagt sie denn „I felt Iike I could cry“. Schluchz. 2,5
Bevor der Banausen-Boogie die Oberhand gewann und sich die In-The-Army-Idiotie breitmachte, war die Musik von Status Quo beaty und bouncy. Diese kurze Kreativ-Phase liegt freilich so lange zurück, daß sich auch Quo-Kopf FRANCIS ROSSI nicht mehr daran erinnern kann. Auf seinem Solo-Album „King Of The Doghouse“ (Virgin) sucht man jedenfalls vergebens nach einer Idee oder einem schlüssigen Song. Nur der Tide Track ist flott und hat begrenzen Appeal, so zwischen Smokie und McGuiness Flint, der Rest ist bloß sturer, stumpfer, schlockiger Rockmist. 1,5
Marginal gescheiter ist der Post-Grunge-Powerpop von DOGSTAR, die dank ihres Bassisten Keanu Reeves im Medienwald herumgereicht werden. „Our Little Visonary“ (RCA) ist ein Debüt von großer Einförmigkeit und geringer Substanz. Nur eine passabel rockende Version des Badfingers-Hits „No Matter What“ ragt ein wenig aus dem nötigen Konformismus des Trios heraus. 2,0
Die formativen Jahre einer Band sind nicht selten die besten: drei, vier Singles dokumentieren den Lernprozeß, ventilieren und konzentrieren Energie, stecken Claims ab. BENNET fallen gleich mit einem Album aus dem Britpop-Himmel, und so klingt „Super Natural“ (Roadrunner) wie ein Instant-Produkt, ein Trittbrett-Werk, ein Karriereschachzug. Hübsch anzuhören, melodisch verspielt, textlich bemüht, aber zu kühl kalkuliert. 2,5
Der Perfektionist Olaf Schumacher weiß alles über den Pop-Song, trotzdem braucht er bei ihm so lange wie ein guter Whisky zum Reifen. Auf „Mac Arthur Lane“ (Marsh-Marigold), dem Debüt seiner Band THE GROOVY CELLAR mußten wir fünf Jahre warten. Dafür ist jeder Song ein Treffer. TV Personalities und BMX Bandits standen Pate. Nix Neo, nix Britpop. Klassisch. Freuen uns schon aufs nächste Album im Jahr 2001. 3,5
Die Gitarren elektrisch, der Beat gedrosselt Sonst ist bei den nordenglischen Pub-Folkies WHISKY PRIESTS alles beim Alten, wie das neue Album „Lifes Tapestry“ (Whippet/IRS) beweist. 3,0