Tarwater – 11/6 12/10 :: Kitty-Yo/Indigo
Tarwater spannen einen weiten Bogen. Ihr Geräusch-Pop hat seine Wurzeln in den frühen Achtzigern, mithin in einer Zeit, als der Eimer Nägel noch mit großer Geste und viel Budenzauber auf den Bühnenboden geknallt wurde. Und sie führen direkt ins Hier und Jetzt, wo Musikologen vor allem an der Materialität von Tönen interessiert sind. Theatralik und Abstraktion gehen bei den Berlinern gut zusammen.
Natürlich ist das Post-Rock. Aber einer, dessen Netz von Referenzen recht flächendeckend ausgeworfen wird. Die percussiven Soundscapes von The The oder – uncooler – der sinistre Minimalismus von Minimal Compact taugen für „11/6 12/10“, das erste reguläre Album von Tarwater, ebenso als Bezugspunkte wie der abstrakte Kraut-Dub von Tortoise. Und Talk Talk stellt hier noch einmal die Klammer dar, die die Epochen zusammenhält.
Ronald Lippok und Bernd Jestram, die Köpfe hinter Tarwater, stammen aus dem gleichen Umfeld wie To Rococo Rot (aufregendes Album auf Kitty-Yo) und Kreidler (zwiespältiges Album auf Kiff SM), die deutschen Post-Rock-Abgeordneten. Doch ihr Umgang mit dem Geräusch besitzt deutlich mehr Pop-Appeal. Hier wird manchmal sachte getastet, aber meist dick aufgetragen. Verdammt dick. „Tar“ erklingt als schillernder Beat Noir, „Han er der inne“ ist ein slick arrangierter Chanson, und die sture TripHop-Schleife „Second Arthyr“ wird mit funkelndem Ornament geschmückt.
Teerwasser ist eine widerliche Soße, aber in der Sonne strahlt sie zuweilen verlockend.