Suzanne Vega
Nine Objects Of Desire
Polydor
Große Suzanne Vega auf leichten Sohlen, mit leisen Tönen. Mit ihrem mittlerweile vierten Album kehrt die Songwriterin nach einer längeren, (zumindest was ihrer Plattenveröflentlichungen angeht) Pause zurück. Seit 1985, mit dem Erscheinen ihres Debüts, ist sie gefeierte Meisterin des filigranen Kunstsongs, seltsamer Zwischenzeiten und zarter Stimmgewalt. Jede Sängerin und ambitionierte Songschreiberin, die in den letzten Jahren auf der Bildfläche erschien, mußte sich mindestens einmal das Prädikat „die neue Vega“ anhängen lassen, bevor sie in den Olymp aufgenommen wurde.
Vega-Welten, Vega-Wahrnehmung und Vega-Musik. Das ist ein Universum für sich. Entspannter denn je sind die Arrangements auf „Nine Objects Of Desire“. Sommerliche Leichtigkeit, jazzige Untertöne, Bossa-Nova-Rhythmen und easy Piano-Klänge. Ein blumiger Kosmos der Leidenschaften, sanft und bedrohlich zugleich. Staunt man hier noch über die malerischen Harmonien und verlegene Tanz-Atmosphäre, verfällt man dort schon der nachtkühlen Bar-Jazz-Haltung im Cocktail-Outfit Suzanne Vega bezaubert noch immer mit ihrer blond-blaß-elfenhaften Stimme, dennoch hat sich der Mädchen-Charme verflüchtigt, und sie gesteht sich in manch mystischer Stimmung ganz handfeste Sehnsüchte zu. Da ist von mütterlichen Gefühlen, erotischen Tagträumen und verbotenen Forderungen die Rede. Von Körperbegehren: „I know your skin, I know the ways how diese things begin…“, bis zur Erkenntnis „I don’t need to see the gates of famous men/ But I do try to see the Kingdom now and then…“. Mit einem Seufzer blickt sie auf das Bild eines Jungen, das Erinnerungen auslöst, spinnt ein behutsames Netz aus Gedankenstücken, sensitiven Wahrnehmungen und bedrohlichen Frequenzen.
Gänsehaut, wenn Suzanne Vega von „caramel, cinnamon and your skin“ träumt Bossa-Nova-Streicheleien als Steigerung der warmen Brauntöne. Ambivalente Gefühle: „Do you know where friendship ends and passion does begin“ – als weitere Facette eines ganzen Spektrums von Sehnsüchten.
Und es wäre nicht Suzanne Vega, wenn ihr dabei nicht das Kunststück gelänge, aus jedem Stück persönlicher Erfahrungswelt eine feingliedrige Klangwelt zu fabrizieren. Was für spielerische Sound-Collagen in „Tombstone“: morbider Memphis-Blues, verfeinert durch unauffällige HipHop-Beats und coole Jazz-Tupfer. Easy Sound, von irritierenden Rhythmen perfekt und subtil ausarrangiert. Maßgeblich beteiligte Musiker an diesem Song sind im übrigen zwei der zur Zeit vielgepriesenen New Yorker Band Soul Coughing. Mag das Schwebende, Durchsichtige und Warmtönige von Suzanne Vegas Musik verfänglich sein, so ist es doch ihre ungewöhnliche Herangehensweise, mit der sie die einfachen Geheimnisse dieses Lebens offenbart. Ähnlich dem Moment, bevor man in den Tiefschlaf fällt und mit letztem Bewußtsein völlig klar sieht. Genau da befindet sich Suzanne Vega.