Three Fish
Über die Musiker von Pearl Jam ist die Melancholie hereingebrochen. „Vitalogy“, schon schwer von Düsternis getränkt, erweist sich in der Rückschau als Schwanengesang einer Band: eher Nekrologie als Lebenslehre. Sie flüchteten in die Obhut von Neil Young, dem stärksten Mann der Rockmusik, und lieferten mit „Mirror Ball“ ihre beste Leistung. Eddie Vedder versenkte sich in sich selbst und arbeitete für den Soundtrack von „Dead Man Walking“. Jeff Ament, der Bassist, komponierte derweil mit den Kollegen Robbie Robb von Tribe After Tribe und Richard Stuverub von den War Babies.
Three Fish installieren das neue, das gebrochene Hippietum. Auf einem Foto im Booklet kniet das Trio vor einer Kapelle, auf einem anderen posieren sie unter einem Schild mit dem Hinweis „Tropico de cancer“. Sie tragen Zauselbärte und Rastalöckchen, sie singen über nächtliche Gebete am Strand von Zagreb und den Kindertraum von den Segelschiffen, sie singen den „Song For A Dead Girl“ und von der „Silence At The Bottom Of The Well“. Wie Mantras klingen diese Lieder, Beschwörungen eines letzten Friedens, der nicht zu haben ist außer in den Klängen der bedrängenden Gitarre, des dunkel klopfenden Schlagwerks, des wiederentdeckten Mellotrons (kommt auch der Progressiv-Rock der Siebziger zurück?) und der dräuenden Gesänge. „A secret place, I shed my tears.“
Die McJob-Generation (oder wie hieß sie noch gleich?) ist weinerlich geworden, Douglas Coupland ist kaum noch eine Erinnerung, und der triumphierende Überlebende ist der stoische Mark Lanegan mit seinen Sreaming Trees, der lange vorher da war und einfach überwintert hat „Chit, guru, gana, om…“, murmelt Robb in „All Messed Up“, „all the monkeys in my head.“ Zurück in den Glauben! Three Fish haben den Affen. Referenz übrigens, laut Jeff Ament: „Rainier Maria Ricke“. Es wird heute auch wieder gedichtet: In dem dreiteiligen Poem „The Story Of The Three Fish“ („Intelligent Fish“, „Half-Intelligent Fish“, „Stupid Fish“) erreicht die Band die elegische Leichtigkeit von Emir Kusturicas Film „Arizona Dream“. Auch darin löst sich alles in Mystik auf, und niemand weiß, was es bedeutet: Van Morrison fragen, Jungs!