Danny Boyle: Trainspotting

„Heroin“, sagte Eric Stoltz als Dealer in „Pulp Fiction“, „ist wieder stark im Kommen.“ Heroin ist cool, seit Travolta sich einen Schuß setzte, bevor er mit Uma Thurman tanzte. Heroin sei der beste Orgasmus mal tausend, heißt es in „Trainspotting“. Heroin ist ein Mythos wie Rock’n’Roll, und daher lärmt in der Anfangssequenz Iggy Pop „Lust For Life“ wie ein eskapistisches Menetekel der Agonie. Willkommen im hedonistischen Hades des Heroin.

Der Prä-Punker Pop ist mit der Lebensdevise, wie man sich ganz unten ganz oben fühlt, das Vorbild der Post-Punks in „Trainspotting“. Aus der Sicht des Junkies Renton (Ewan McGregor) werden die Anti-Alltags-Alpträume und morbiden Motivationen einer Clique in Edinburgh geschildert. Sie fixen, stehlen, dealen, saufen, prügeln, sterben. Die politisch korrekte Betroffenheit umgehen die britischen „Shallow Grave“-Filmemacher Danny Boyle (Regie), John Hodge (Drehbuch), Andrew Macdonald (Produktion) auf dem schmalen Grat zwischen sinistrer Atmosphäre und surrealen Metaphern, bizarrer Schonungslosigkeit und bitteren Scherzen. Ihre artifizielle Tragisatire funktioniert als sarkastischer Seiltanz mit den Slogans „Keine Macht den Drogen“ und „No Future“, wobei sie die Manipulation der Medien, den Biedersinn der Bürgerlichkeit und die anarchischen Postulate gleichermaßen exekutieren.

„Sag ja zum Leben“, äfft Renton am Anfang. „Sag ja zu elektrischen Dosenöffnern, miesen Talkshows, Familienplanung, Bausparvertrag. Ich habe nein gesagt. Die Gründe? Es gibt keine Gründe, wenn Du Heroin hast.“ Seine Trips zum nächsten Kick sind ein „Fulltime-Job – wir stapelten das Elend und hätten uns sogar Vitamin C gespritzt, wäre es verboten“. Als Renton fast krepiert, erklingt Lou Reeds „Perfect Day“ wie ein höhnisches Requiem. Aber auch der Ausstieg ist kein Ausweg. „Nach dem Entzug beginnt erst der wahre Kampf – gegen Langeweile und Depressionen.“ Von seiner „Post-Junkie-Libido“ verhöhnt, läßt Renton sich von einem frühreifen Schulmädchen verführen. Tommy (Kevin McKidd) dagegen erliegt aus Liebeskummer der Versuchung des Heroins.

„Trainspotting“ setzt gezielt eine Überdosis, übertreibt dennoch nie. Authentizität und Attitüde sind ein Kosmos. Sick Boy ähnelt Sting in „Quadrophenia“, Begbie symbolisiert den proletarischen Säufer und Schläger, Spud ist der ewige Verlierer. Und Renton droht: „Ich sage ja zum Leben. Ich werde wie ihr.“

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