Drucksachen von Modesty Doebeling
Seine Musik schwebte oft an uns vorüber, zu peripher, um ihr mehr als ein freundliches Nicken zu gönnen, aber zitabel war Frank Zappa schon: „Im Rockjournalismus basteln Leute, die nicht schreiben können, aus Interviews mit Leuten, die nicht reden können, Geschichten für Leute, die nicht lesen können.“ Das trifft, wo’s wehtut, weil’s wahr ist. Ausnahmen bestätigen die Regel (Bescheidenheit ist keine Zier). „FRANK ZAPPA IN EIGENEN WORTEN“ (Palmyra, 30 Mark), herausgegeben von Barry Miles, ist voll solch zivilisationsverdrossener Verbalsalven des Vielverkannten, und nicht selten schießt er sich selbst in den Fuß. Am Anfang, 1966, stand ein Fanzine-Fragebogen, dem wir entnehmen können, daß Frank 15 Kinder zeugen wollte, und es ist schon schade, daß er sein Plansoll nicht annähernd erfüllte. Was wäre gekommen nach Dweezil und Moon Unit? The mind boggles. Doch ganz im Ernst: Die chronologische Abfolge der Verlautbarungen fügt sich zu einem groben biographischen Raster, und etliche dieser oft bitteren Pseudo-Dada-Ergüsse sind kurzweilig, auch für diejenigen von uns, deren Wände nie Zappa-auf m-Klo zierte. 3,0
Johnny Rogan verdanken wir bereits Lesenswertes über die Byrds und die Smiths, doch sein bisher aufwendigstes Buch heißt „CROSBY, STILLS, NASH & YOUNG:
THE VISUAL DOCUMENTARY“ (Omnibus, ca. 40 Mark). Rogan outet sich mutig als Fan, der sein freudloses post-universitäres Intellektuellen-Dasein eintauscht gegen Konzert-Tickets fiir Manassas, ohne Reue. Die schiere MaterialfuUe dieses Bandes, der ohne Erzählstruktur auskommt und der die History der vier (meist) Aufrechten anhand von hunderten Presse-Ausschnitten, Interview-Schnipseln, Photo-Chroniken und Paraphernalia nachzeichnet, ist erdrückend, lädt aber dazu ein, sich dieses manchmal verwirrende Puzzle immer mal wieder vorzunehmen. Die Faszination dabei steckt im Detail. Der Rest ist Dejä-vu. 4,0
Als ergänzende, höchst aufschlußreiche Lektüre sei dringend
„PRISONER OF WOODSTOCK“
(Thunder’s Mouth Press, ca. 35 Mark) von Dallas Taylor empfohlen. Drummer Taylor ist der Typ, den man für die Photo-Shootings zur „Crosby, Stills & Nash“ -LP ins Haus sperrte und dessen ans Türfenster gedrücktes Gesicht uns vom Back-Cover jenes Albums und nun vom Front-Cover seiner Enthüllungen angstvoll anstarrt. Taylor, der seine alten Arbeitgeber inzwischen verklagt hat, weil er sich um 200 000 Dollar betrogen fühlt, läßt in seinen schonungslosen Erinnerungen vor allem an sich selbst kein gutes Haar und decouvriert, en passant, den Selbstbetrug einer ganzen Generation. Drogen, Orgien, Keef, Paranoia, Lebertransplantation, es wird nichts ausgelassen. Eine offenere, brutalere Autobiographie wird man lange suchen müssen. Nur die Musik kommt leider etwas zu kurz. 4,0
Letzteres gilt glücklicherweise auch für drei Bios, die mit jeweils 80 Seiten keinesfalls zu kurz geraten sind. „THK CRANBERRIES: IN YOUR HEAD“ (UFO, 40 Mark) von Stuart Bailie ist mit einer Netto-Lesezeit von 20 Minuten noch die ergiebigste. Man erfahrt, daß Dolores Irin ist und stolz darauf, trotz allem. Was sie zum Ticken bringt, bleibt im Dunkeln – und vielleicht ist das besser so. 2,0
Die 15 Minuten Lektüre für „NIRVANA: NEVCRMIND“ (UFO, 40 Mark) von Susan Wilson korrespondieren aufs Sinnfälligste mit jenen 15 Minuten, die Kurt Cobain im Ruhm badete, bevor er das Licht ausknipste. Fragen wir einmal den Experten Keith Richards: „Nirvana to me was just some upstart little pop band that will come and go anyway.“ 1,5
Allerhöchstens zehn Minuten benötigen wir schließlich für die unappetitlichen Seiten von „HOLE: LOOK THROUGH THIS“ (UFO, 40 Mark) von derselben Ms.Wilson. Die Nemesis des Vettelrock in Wort und Bild wirkt gegen Geilheit nachhaltiger als die kälteste Dusche. Auch das Ende des Hugh-Hefner-Imperiums naht recht rasch. Für den „Playboy“, droht Courtney Love jetzt, werde sie sich bei Gelegenheit gänzlich entblättern. Erbarmen, 1,0