Steinbruch Kurzbesprechungen
Dick Dale und Link Wray melden sich mit neuen Alben zurück, außerdem gibt es wieder überall junge Bands, die auf ihren Gitarren, den Sound sich überschlagender Wellen nachahmen. 1996 könnte das Jahr des Surf-Revivals werden. THE TREBLE SPANKERS liegen mit der Veröffentlichung von „Hasheeda“ (Motor/Polydor) also ganz richtig. Die vier Holländer spielen eine gepflegte Surf-Variante: nicht allzu flink, aber sehr fließend. 3,0
Die Kleinkunst! Sie ist manchmal so ergötzlich wie die „Songs mit Musik“ von der POPETTE BETANCOR. Auf „Privat ist modern“ (Viellieb) singt die Berlinerin unaufdringlich charmant und gewitzt den von ihr so genannten „Kammerpop“ – und marginalisiert damit alle vergleichbaren Bemühungen: die der Rainbirds, von Meret Becker, Funny van Dannen, den Lassie Singers. „Na ich geh nicht gern in Diskotheken/ Ich finds da laut und gar nicht schön“: Die Texte sind einfach, weltklug und poetisch, Alltagsgeschichten im Sprachfluß, ohne ambitiösen Konstruktionseifer. Das entscheidende Moment aber: Es sind Lieder, Chansons mit Musik. Produziert von Stefan Stoppok, der ja viel von Musik und Witz versteht. Allerliebst. 3,5
John Flansburgh, Gitarrist von They Might Be Giants, hat den Flohzirkus verlassen – aber ganz anders sind die Songs auf „Unsupervised“ (Ryko/RTD) auch nicht geraten. Das Trio heißt MONO PUFF, es gibt Gassenhauer und Schlager wie immer, ein Surf-Instrumental, Ska, rüden Krach und vorsichtige Experimente. Flansburgh ist mit Frank Black befreundet, hat aber dessen beklagenswerte Hinwendung zum planen Schweinerock unbeschadet überstanden. 3,0
Auch die LONGPIGS streben nach 15 Minuten Britpop-Ruhm. Doch die Lieblosigkeit und Konfusion, die schon von der Cover-Gestaltung signalisiert werden, hat auch die Musik infiziert: Smiths-Reminiszenzen, Oasis-Versuche, Street Preachers-Rock, unnötige Bläsersätze. „The Sun Is Often Out“ (Polydor): stimmt 1,5
Diesmal wird es keinen teen spirit geben, aber EVERCLEAR verwalten Cobains Erbe mit ordentlichem Melodienkrach. Das Garagen-Trio aus Portland hat allerdings einen pragmatischeren Zugriff aufs Leben: „I know living isn’t a simple thing/ No one said it’s supposed to be.“ Realistisch – und fragwürdig ist sogar die Ode ans „Heroin Girl“.
Auf „Sparkle And Fade“ (Capitol/EMI) wird nicht mehr gegründelt – hier bilanzieren Slacker ihren problematischen Alltag. Ein bißchen ungemütlicher als Hootie 8C TheBtowfish. 3,0
Sie kamen in Boston zur Welt, aber ihre Musik ist wie bei kaum einer Band von ihrer irischen Herkunft geprägt: THE PUSH STARS sind große Geschichtenerzähler und Songschreiber. Auf seinem Debüt „Meet Me At The Fair“ (Imago/Edel Contraire) verbindet das junge Trio die melodische Melancholie von Del Amitri mit dem schwärmerischen, hymnischen Rock der Jayhawks, Irish Soul mit der Raffinesse von Prefab Sprout – souverän und mit Geschichtskenntnis. 3,5
Der britische Kauz an sich: MARTIN NEWELL, schon mit den Cleaners From Venus nicht berühmt geworden, schreibt weiterhin tapfer Songs in der Küche von Andy Partridge, verfaßt die geschwätzigsten Liner Notes und Song-Kommentare und pflegt die milde Exzentrik. „The Off White Album“ (Humbug) enthält Betrachtungen über sehr kleine Dinge und Ereignisse in sehr feinziselierten Arrangements. Auch der XTC-Gitarrist Dave Gregory ist wieder dabei. Mit „Some Girls Are Bigger Than Others“ hat Newell uneitel sein Lieblingslied von den Smiths aufgenommen, mit „Arcadian Boys“ die Ballade komponiert, die von Elvis Costello zu erwarten gewesen wäre.
Sophisticated, out oftime, classic Was Martin Newell natürlich nicht nützen wird. 3,5
Subtiles auf dem Label Sub Pop: Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Nach ihrer wunderbaren, still-verzweifelten Debüt-LP „Pine Box“, so monolithisch wie mono, machen die SCUD MOUNTAIN BOYS mit „Massachusetts“(Sub Pop/WEA) zwar Schritte in Richtung Stereo und Rock, was ihren desolaten Song-Gebilden einen manchmal allzu beschaulichen Charakter verleiht. Leicht verdaulich sind diese Vignetten über noble Einsamkeit und emotionale Autarkie deswegen noch lange nicht Die Wunden sind offen, der Sound ist nur ein behelfsmäßiges Pflaster, unter dem es schwärt Der Beinahe-Verzicht auf Tempowechsel tut ein übriges: sweet melancholy. 4,0
Aus derselben geographischen Ecke kommt RICHARD DAVIES, doch kommt seine Resignation exzentrischer und beschwingter. „Happy days are over now for the city“, singt er bestimmt, aber die Musik flirrt und flirtet mit dem Hörer.
„There’s Neve Been A Crowd Like This“ (Flydaddy) ist das amerikanische Pendant zu den High Llamas, voll Beach Boys-Lust und Parksscher Honigmelonen-Süße. 4,0
Alles andere als filigran und feinsinnig sind THE OBLIVIANS aus Memphis, Tennessee, die auf ihrem zweiten Album „Popular Favorites“ (Crypt) Blues und Punk und Rockabilly mit dem Faktor Trash multiplizieren. Liegt dieser Brachialbehandlung ein Song zugrunde, wie etwa Brownie McGhees „Christina“ oder das famose „You Better Behave“, sind die Oblivians aufs rudimentärste potent Ist da aber gar nichts, was durch die Dampfhammer-Destruktion geadelt werden könnte, dann ist das Outeome nur grob, krachig und krass. 16 Tracks, der Coolness-Quotient lautet also: 12:4. Not badat all. 3,0
Gute Melodien, gute Luftsprünge, guter Humor. Stockholm antwortet auf The Presidents Of The United States Of America: NAKED halten ihre Pop-Punk-Klopfer auf dem gleichnamigen Debüt (Motor Music) so kurz wie möglich und nerven nicht mit technischen Fisimatenten. 3,0