The Mike Flowers Pops – A Groovy Place :: Metronome
Daß der unverbesserliche Liam Gallagher beim Flowers-Konzert zu „Wonderwall“ furchtlos „Oasis!“ brüllte, ist kein Witz, sondern Pop. Mike Flowers ist das größte Ereignis seit Oasis und Pulp, und das ist ja noch gar nicht lange her. Er hat den Zitat-Pop auf die Spitze getrieben, er hat die 70er Jahre illuminiert, er hat Easy Listening rehabilitiert. Und während majestätische Evergreens wie „Up, Up And Away“ bei Dieter Thomas Heck ein vorletztes Mal aufglühen, walzen die Mike Flowers Pops mit epischen, bewundernswert luftig konstruierten Arrangements den gesamten Britpop nieder.
Flowers ist ein Nostalgiker und ein sentimentales Gemüt, er badet gern lau, und er findet das effektive Noel-Gewand von „Wonderwall“ zu einfach. Er findet auch das Orgel-Inferno „Light My Fire“ der Doors viel zu aufgeregt, und statt seines Geschlechtsteils zeigt er lieber die häßlichen Schwitzflecken unter dem engen Sakko. In Mike Flowers‘ Welt wird alles ganz gemütlich, und die physiognomische Ähnlichkeit mit dem deutschen Märchenonkel und Alltagsanalytiker Max Goldt korrespondiert der gemeinsamen Liebe zum Umarmen der Welt, die dadurch das Feindliche verliert.
Flowers macht es sich nicht ganz einfach, er wagt sich im „Velvet Underground Medley“ an die Antipoden: „All Tomorrow’s Parties“, „Venus In Furs“ und „White Light White Heat“, Songs ohne Humor, Heiligtümer der Rockmusik, bleiern, träge, monoton, dräuend. Geglückt und beglückend wie alles auf „A Groovy Place“. Auch Björks gepiepstes „Venus As A Boy“ und „1999“ vom ehemaligen Prince erstrahlen im Flowers-Licht Indem er die Songs an die Oberfläche hebt, nimmt er ihnen erstens die Tiefe und zeigt zweitens ihre Simplizität Exemplarisch führt er vor, wie Popmusik gemacht ist, wie sie funktioniert, wie formbar sie ist Bei den Mike Flowers Pops ist alles Form, nichts Inhalt. Als spielte James Last die schönsten Lieder von Scott Walker. Ein sündiges Vergnügen.