Grant Lee Buffalo – Copperpolis
Copperopolis ist der Name einer kleinen amerikanischen Stadt, die ihre großen Zeiten hinter sich hat: Die Kupfermine, die vor Jahrzehnten für Gründungsfieber gesorgt hatte, ist versiegt. „Heute gibt es dort nur noch ein Kaufhaus, eine Kirche und eine Schule“, sagt der Sänger und Songwriter Grant Lee Phillips. „Ich bin nahe der Straße aufgewachsen, die dorthin führt“
Mit seiner Band macht Phillips Musik, die von Geisterstadt-Atmosphäre durchdrungen ist: Sie wirkt archaisch und sentimental, manchmal auch ziemlich kaputt. Und sie ist so modern wie eine alte Scheune aus Holz. Große Gefühle, schwermütige Akkorde, zarte Streicher die Sprache der Melancholie. Ganz unzeitgemäß in Szene gesetzt. Mit Rock, Grunge gar, hat das nicht mehr viel zu tun. Da wirken die rüden Gitarren-Parts des ersten
Stücks „Homespun“ fast wie ein Alibi. Oder wie ein Abschied.
Musikalische Einflüsse, Vorbilder? So ziemlich alles, was soulful war, von Hank Williams bis Marvin Gaye. Manchmal meint man auch die Replacements oder Hüsker Dü herauszuhören, Bands, mit deren Platten Grant Lee groß geworden ist. Das musikalische Spektrum eines Rock-Folk-Trios wird erweitert, nicht nur durch die Streicher, sondern auch durch den Einsatz alter oder selten gehörter Instrumente – wie etwa des allgemein ausgemusterten Orbit-Synthesizers. Das alles könnte in Ekletizismus versinken, wäre da nicht der Brennpunkt Grant Lee: Sein Sentiment bündelt alles, in seiner Stimme verschmelzen sämtliche Anleihen und Einflüsse zu einem großen Seufzer.
Grant Lee wandert durch das Land der letzten Dinge. Wenn man ihm übel wollte, wäre es einfach, seine Musik als Privatsache abzutun und ihm Nostalgie und Konservatismus nachzuweisen. Man könnte den Titel der Platte aber auch als Metapher deuten: Seattle war das Copperopolis der Rockmusik. Dort wurde eine Kupfermine entdeckt, die demnächst versiegen wird. Eine richtige Grunge-Band waren Grant Lee Buffalo nie, zumal ihre Heimatstadt Los Angeles heißt. Dennoch wirkt diese Platte in ihrer demonstrativen Abwendung vom Rock manchmal wie ein Schwanengesang. Ein Blick in eine Stadt, in der nur noch eine Kirche, ein Kaufhaus und eine Schule stehen.