Cassandra Wilson – New Moon Daughter

NEW MOON DAUGHTER

Schepper, knarz, wummer: Das geht mal wieder gut los, archaisch und wunderbar schräg wie schon Cassandra Wilsons Opus magnum „Blue Light TU Dann“. Mit dem hat die schwarze Sängerin 1993 die Jazz-Gemeinde überrascht: keine eigenwillig interpretierten Standards, kein vertrackter M-Base-Funk. Statt dessen aufregende Versionen alter Blues-Nummern (Robert Johnson), Afro-Percussion, Songs von Joni Mitchell und Van Morrison.

„Blue Light“ hatte als eigenwilliges Meisterwerk verdienten Erfolg, „New Moon Daughter“ knüpft direkt an damals überraschende Qualitäten an: urbane Avantgarde und ländliche Schlichtheit – aufs schönste vereint, intim-entspannte Intensität ohne lautes Auftrumpfen. Ein weiteres Mal bewährt sich die Zusammenarbeit mit Produzent Craig Street und dem ab Arrangeur und Gitarrist gleichermaßen originellen Brandon Ross. Noch deutlicher wagt sich Cassandra diesmal ins Revier der Songwrker von eine Jazz-Sängerin, die „Im So Lonely I Could Cry“ von Countryblues-Legende Hank Williams zum Schweben bringt, wie der es sich nicht hätte träumen lassen; die aus „Love Is Blindness“ von U2 ein Musterbeispiel für musikalische Melancholie der minimalistischen Sorte macht, die dem „Last Train To Clarksville“ samt dezentem Seat-Gesang eine Dramatik abseits der Monkees verpaßt und Neil Youngs „Harvest Moon“ zum rustikal zirpenden Mississippi-Idyll werden läßt Von irgendwo dort muß auch der Blues kommen, wie er hier mit zwei Beispielen vertreten ist. Pedal Steel Guitar paßt ebenso gut ins Konzept wie das Kornet von Graham Haynes, das hilft, aus Billie Holidays „Strange Fruit“ ein extra seltsames Früchtchen zu machen.

Wer hätte gedacht, daß sich Jazz, ländlicher Blues und Songwriter-Folk derartig guttun können?

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