Jalal – On The One
Jalaluddin Mansur Nuriddin bezeichnete sich selbst als „Großvater des Rap“, und das mit gewissem Recht. Ende der Sechziger deklamierte seine „Band“, die Last Poets, die schwarze Botschaft – „This is madness“ – über Conga-Beats in den New Yorker Lofts und Community centres. Auf der anderen Seite Amerikas, in L.A., machten die weniger bekannten Watts Prophets in etwa dasselbe. Doch die Formel war schon damals nicht mehr neu. Gedichte und moralische Geschichten über hämmernden Handtrommeln? Das Konzept muß mindestens ein paar tausend Jahre alt sein (wie Jalal übrigens in einem ungewöhnlichschnörkellosen Sprechgesang, betitelt „Rapistory“, auf diesem Album selbst zugibt). Wenn die Last Poets tatsächlich so etwas wie die Spitze eines musikalischen Stammbaums darstellen, dann läuft dieser von Gil Scott-Heron über Public Enemy zu den Disposable Heroes Of Hiphoprisy und Leuten wie Tariq „Babyman“ Nuriddin, der hier eine Gastvorstellung gibt. Kurz gesagt, Jalal ist nicht Snoop Doggy Doggs Großvater, und sein Einfluß auf die Vertreter des Fließband-Rap Marke MTV minimal. Dazu kommt, daß seine Aussagen, im Gegensatz zu der Revoluzzer-Rhetorik der Last Poets, heutzutage einfach zu privat, zu eigenwillig „poetisch“ sind, um den Geschmack der Massen zu treffen. Trotzdem versucht alle paar Jahre ein mehr oder weniger angesagter Produzent, eine Klanglandschaft zu kreieren, in der Jalal seine Selbstgespräche führen kann. Bill Laswell zum Beispiel hat die Last Poets, zusammen und einzeln, mehrere Male im Studio gehabt. Jetzt ist On-U-Sound-Mastermind Adrian Sherwood an der Reihe. Den musikalischen Part übernehmen Coproduzent und Multiinstrumentalist Skip McDonald, Bassist Doug Wimbish und Schlagzeuger Keith LeBlanc, die als Rhythmusgruppe der Sugarhill Gang treibende Kraft bei einer ganzen Reihe früher Rap-Hits und (zusammen mit Sherwood) Gründer der Proto-Techno/Funk/Dub-Band Tackhead waren. Sie liefern eine moderne Kulisse für Jalals Monologe, und ein kopfhickend-abgedrehtes rhythmisches Moment Der Sound hat einen gewissen Charme, ist leicht hypnotisch – und unnötig, denn Jalal klingt mit sparsamer Percussion immer noch am besten. Was er uns sagen will, bleibt allerdings häufig im dunkeln. Man muß sich seinen eigenen Reim machen auf Zeilen wie „The weather is a sign for us to mind the will of the One most High/ For he has created and elevated the space beyond the sky.“ Das Album endet mit einer nicht ganz so mystischen Hommage an die Begründer des Bebop. „Busy Dizzy And The Word Of Bird“ preist die Errungenschaften und den Einfluß von Dizzy Gillespie, Charlie Parker und Max Roach – ein Vergnügen, das durch Sherwoods „Dance Mix“-Produktion (offenbar ein Versuch, Jalal in die dahinsiechende Acid-Jazz-Szene zu katapultieren) leider getrübt wird. Steve Lake