Genius/GZA – Liquid Swords
Der Verweis auf die „explicit lyrics“, Standard bei beinahe jedem HipHop-Album, fehlt auf dem Cover von „Liquid Swords“.
Dabei hätte das Solo-Werk von Genius alias GZA diesen Hinweis wirklich verdient. Nicht weil es hier sexuell uncodiert zur Sache ginge oder Gewalt eins zu eins dargestellt würde, doch die Attacken des MCs aus Brooklyn könnten unverblümter nicht sein. Weisheit sei wie Wasser und die Sprache wie ein Schwert, meint Genius. Folglich seien seine Raps „liquid swords“.
Deren Schärfe präsentiert er vor allem in dem Stück „Labels“. Hier zählt er nahezu alle Firmen auf, die HipHop-Platten rausgebracht haben – vom einschlägigen Def Jam bis zu Profile. Und auch vor Geffen, der eigenen Veröffendichungsadresse, macht er nicht Halt. Fazit der Abrechnung: „You got to beat the labels!“ Hinter dem kämpferischen Gestus steckt ein ausgeklügeltes Konzept. Mit dem HipHop-Kollektiv Wu-Tang Clan brachte Genius 1993 das Album „Enter The Wu Tang“ heraus; „Liquid Swords“ ist inzwischen das vierte Solo-Werk eines Clan-Mitglieds – beim vierten Label!
Nach dem bahnbrechenden Album von Ol‘ Dirty Bastard liegt nun also das Solo von Genius vor. Wer sich in den zugigen Kammern des Clans bisher heimisch fühlte, wird sich auch hier einrichten können. Labyrinthisch verzahnt sind die Stücke auf „Liquid Swords“, und um die Verwirrung perfekt zu machen, entspricht die Tracklist nicht dem chronologischen Ablauf. Die Streichersätze hängen tief und dunkel wie Regenwolken über den Beats, die reduzierten Piano-Samples hallen, als kämen sie aus dem jenseits. Genius rappt dazu mit seiner kantigen, manchmal keuchenden Stimme. Ziemlich psychotisch, diese Platte.