Wayne Kramer – The Hard Stuff :: Epitaph/Semaphore 86447-2
Der andere MC 5-Gitarrist, Fred „Sonic“ Smith, hat den Planeten eben erst verlassen, da erinnert uns sein ehemaliger Mitstreiter Wayne Kramer daran, daß Hard Rock und Hard Thinking einander nicht ausschließen müssen. Dazugelernt hat er allerdings nichts.
Das ist tröstlich, denn so bleibt „The Hard Stuff“ frei von allem Grunge-Grau-in-Grau und Young-Guns-Gehabe. Statt lärmenden Lärms gibt es fossiles Gitarrenspiel mit Berg- und Talfahrten und jede Menge Dynamik (so nennt man das Wechselspiel zwischen laut und leise, Grunge-Fans). Blues Rock with an attitude. Dabei liegt zwischen Kramers konvolutischen Klang-Orgien bei der Motor City Five und diesem neuen Album ein gutes Vierteljahrhundert Die musikalischen Arrangements mögen ein wenig durchdachter sein als bei den Detroiter Darlings des Underground anno dazumal (Kunststück!), doch den spirit jener aufklärerischen Zeit hat sich Kramer bewahrt Die Zeit im Knast (wg. Kokain-Handel) und die politischen Wandlungen und Wirren in der Welt haben seine Wut kaum gemindert.
„Motherfucker!“, schallt es uns entgegen, und obendrauf setzt er noch ein herzhaftes „fuck you, man!“. Revolution-Rock eben, prototypisch. Right on. Rührend auch die liner notes von Henry Roüins, dem Agitator für Recht und Bizeps. Black Flag, sagt er in seiner Laudatio, hätte es ohne das Beispiel der MC 5 nie gegeben, und Wayne Kramer sei viel revolutionärer gewesen als Mick Jagger. Holy shit. „Outside the mainstream, like a renegade“, so sieht sich Wayne Kramer noch heute, und sein mahnender Zeigefinger erhebt sich in beinahe jedem seiner Songs. Nostalgie für Aufruhrer, was sollte schlecht daran sein?
„The Hard Stuff“ ist ein Relikt aus besseren Hard-Rock-Tagen, aus jener Zeit, bevor sich brachiale Gitarreros entscheiden mußten, ob sie die Punk-Rock-Route nehmen oder im Heavy-Metal-Sumpf versinken wollten. Ein Anachronismus, na und?