Alternativen von Michael Ruff
Als Riot Grrrls gehen FREE KITTEN nur schwerlich durch: Die Damen befinden sich bereits im gesetzten Alter. Aber da ein klein wenig Distanz stets für klarer Konturen sorgt, darf man den ersten Longplayer der Profi-Teenager um Kim Gordon (Sonic Youth) und Julia Cafritz (Ex-Pussy Galore) durchaus unter der Rubrik klassisch-juveniler Hormon-Core ablegen – aber erst nach ausgiebigem Dauer-Play, denn was hier alles an Hole-Einflüssen, Rollins-MTV, hartem Sex und Kuschel-Rock durchgenommen wird, ist auch für das geprügeltste Trommelfell hörenswert. Keine amtlichen Senioren-Riffs, aber ein passender Plattentitel: „Nice Ass“ (Wiija/ RTD). 4,0
Apropos Ass: schon die Tatsache, daß die ASS PONYS trotz ihres super-bekloppten Bandnamens einen gut dotierten Industrie-Vertrag erhielten, spricht für eine gewisse musikalische Qualität. „Electrik Rock Music“ (smarter Titel!) ist bereits ihr drittes Album (die ersten beiden erschienen bei Okra/Normal) und auch ihr bestes. Das Quartett mixt den melodischen Swing von R.E.M. mit dem biestigschrägen Charme von Giant Sand, dazu singt Chuck Cleaver in einer Tonlage, die irgendwo zwischen Neil Young und Phil Collins liegt, skurrile Texte über geheime Ufo-Landeplätze oder zu den Jesus People abgefallene Ex-Girlfriends. Gewöhnungsbedürftig zwar, aber so sind die besseren Ohrwürmer eben (A&M/Import). 4,5
Der Songwriter Cole Marquis ist Eingeweihten noch aus jenen Tagen bekannt, ab er gemeinsam mit Barbara Manning unter dem Namen 28th Day musizierte. Aber das ist lange her, und so hat „Soundproof“ (Normal/Indigo), das Debüt seiner neuen Gruppe SNOWMEN, nur wenig mit der fragilen Folk-Rock-Atmosphäre früherer Tage gemein. Vielmehr haben die Kalifornier (mit etwas Verspätung) den Sound von Dinosaur Jr. und Konsorten entdeckt und langen dementsprechend kräftig hin. Resultat: ein wuchtiges Rock-Album, gekontert von filigranen Momenten aus der Songwriter-Schule. 2,0
Greg Ginn, Labelchef und Gitarrist der kompromißlosen Sorte, ließ zuletzt neben seinen Free-Punk-Attacken ein gesteigertes Interesse an maschinellen Techno-Beats durchblicken. CONFRONT JAMES, sein neues Trio, setzt nun ganz auf diesen Sound, klingt dabei aber eigentümlich altmodisch „Just Do It“ (SST/RTD) könnte eine gemeinsame Session von DAF und Black Flag aus dem Jahre 1982 sein. 2,5
Wer macht die Drecksarbeit? Die Schlagzeuger und Bassisten. Davon können Scott Jarvis (Schlagzeug) und Rob Kennedy (Baß, Gesang) ein Lied singen. Als Rhythmus-Macher waren sie für das Okra-LabeL, die Gibson Bros, und Half Japanese tätig, doch mehr als ein paar Frei-Drinks waren damit nicht zu holen. Nun drehen sie den Spieß um: unter dem Namen WORKDOGS spielen sie eigene Songs und lassen sich von kultigen Gästen, darunter Jon Spencer (Blues Explosion, Gitarre), begleiten. „Old“(Sympathy/Fire Engine) bietet hypnotisch-groovigen Blues, der sofort an schmierige Kellerbars denken läßt, und zeigt die geschmackssichere Klasse des Duos. 4,0
RUDI PROTRUDI gehört auch zu den Leuten, die sich für die diversen Trash-Abseiten der amerikanischen Kultur interessiere. Auf „It’s A White Trash Thing“ (Music Maniac/RTD) interpretiert der Fuzztones-Chef Genre-Klassiker wie „Fist City“ oder „Tunnel Of Love“. Als K(o)enner weist ihn aus, daß die druntergemischten Eigenkompositionen in diesem Kabinett der Schlechtigkeiten keineswegs positiv auffallen. 3,0
Wer ernsthaft-progressie Rock-Spielweisen bevorzugt und diese auch einer Gruppe 20jähriger zutraut, sollte es mit ROSA MOTA probieren. Dabei kopiert das Londoner Quintett auf „Wishful Sinking“ (Mute/Intercord) nicht etwa die Helden der Siebziger, sondern verarbeitet die Sounds der letzten Zeit zu phantasievollen, gitarrenlastigen Kompositionen. Vom grassierenden Can-Bazillus ist ihr Debüt verschont geblieben. 3,0