Songwriter von Jörg Feyer
Pappy Allen muß wirklich ein ganz besonderer Mensch gewesen sein. Nach Howe Gelb und Victoria Williams ist JIM LAUDERDALE bereits der dritte Weggefährte, der der Wüstenmuse einen Abschiedsgruß („Three Way Conversation“) aufs Grab legt – nicht das einzige Highlight auf „Pretty Close To The Truth“ (Atlantic 82608-2/TIS). Lauderdale, der von seinen Tantiemen aus dem „Pure Country“-Soundtrack bequem leben sollte, hat Nashville den Rücken gekehrt und mit uneitlen Könnern (Dusty Wakeman, Greg Leisz, Gurf Morlix etc.) ein sattes California-Country-Album eingespielt, das den Geist güldener Bakersfield-Tage zwar beschwört, aber nicht daran erstickt. Nicht zuletzt, weil der Songwriter Lauderdale über alle Genres Erlesenes aus dem Hut holt. 3,0
Von der elegischen Inszenierung bis zur melancholisch-gewitzten Autorenhandschrift „Gringo Honeymoon“ (Zensor NET CD 52/EFA) von Robert Earl Keen ist wieder Texas to the hone. Mit seinem Sinn für Detail & Drama wäre der Mann mit der nasalen Stimme sicher auch ein süperber Crime-Autor. Bei Lynnville Train“ fiebert man unwillkürlich mit, ob der Betrogene die Verräterin über den Haufen schießt. Doch er nimmt wortlos den Zug aus der Stadt und läßt uns erleichtert zurück. Aber fast auch ein wenig enttäuscht. 4,0
Wie lebt sich’s, wenn man schon die eigene Todesanzeige lesen mußte? VINCE BELL antwortet auf „Phoenix“ (Watermelon/Zensor CD 1027) gleich in der Rolle des gehetzten, unverstandenen „Frankenstein“. Mühelos springt der Mann aus Houston über tradierte Klingen, beschwört mythensatte Charaktere im Geiste des frühen Springsteen oder brilliert als gnadenlos detailfreudiger Voyeur („The Beast“). Während Musiker wie David Mansfield und John Cale die auf den Punkt geschriebenen Songs kammermusikalisch einfärben. T-Bone Burnett, Beils größter Fan, nennt das Ergebnis „magical unrealism“. Magisch auf jeden Fall. 4,0
„Nashvilles Antwort auf Beck„, war mein erster Gedanke, als „Songs For The Daily Planet“ (MCA MCD11067) einlief. TOOD SNIDER agiert zwar deutlich konventioneller. Doch „My Generation Pt 2“ kann es schon mit „Loser“ aufnehmen: Mit schnoddrigem Witz ironisiert Snider (s)eine Generation, die nur den Stolz des Kaufrauschs kennt – von Diet „Sprite“ bis „1000 Points Of Light“ (aus Bushs berüchtigter Inaugurationsrede). Ein vielversprechendes Debüt, doch erst die Zeit wird klären, ob’s für mehr als eine tolle Novelty-Nummer reicht. 3,5
TERRY LEE HALE lockert seine unverblümt-herbe Autobiographie verstärkt mit Gitarren-Instrumentals und launigem story-telling(„The Ballad Of Molly & Shelly“) auf. So erreicht sein drittes Album „Tornado Alley“ (Glitterhouse GRCD 359/EFA) nicht ganz die sinistere Geschlossenheit der Vorgänger. Aber Songs wie „Dakota“ oder „Like A Raymond Carver Tale“ machen allemal frösteln. 3,5
Das Pseudonym HANK SHIZZOE läßt auf dem Cover von „Low Budget“ (Crosscut CCD 11046/ Edel) Gartenzwerge in Western-Kulissen herumstehen und inszeniert sich selbst in Robert-Johnson-Pose. Das darf nur ein Schweizer, der locker US-Musik-Mythen hinterherspürt. Zumal niemand meckern würde, wenn ein sarkastisches Kleinod wie „Peace Of Mind“ von irgendeinem Hänger aus Wyoming käme. 3,0
Wer DAVID HALLKY erst mit seinem letzten Album „Broken Spell“ notierte, kann auf „Stray Dog Talk“ (Dos 7007URS 974157) ältere Aufnahmen dieses unterbewerteten Texas-Songwriters kennenlernen, darunter das Original des Joe-Ely-Favoriten „Hard Livin'“. 3,5
PETER CASE fährt derweil auf der Dylan-Schiene und interpretiert auf „Sings Like Hell“ (Glitterhouse GRCD 351) Traditionais kenntnisreich, aber nicht in Ehrfurcht erstarrend. 3,0