Country :: Cowboy Mouth-It means Escape
Cowboy Mouth, Marina/Indigo 4457-2.
Daß in Schottland ein kausaler Zusammenhang zwischen Whiskey-Brauen und Melancholie-Destillieren bestehe – das wäre eine geistesschlichte Erklärung für den steten Fluß von Tränen, den die Künstler des Landes in schwelgerische Leidenslieder kanalisieren. Gäbe es allerdings nicht das Liebhaber-Label „Marina“ in Hamburg – all die schöne Kopfhängerei bliebe uns verborgen. Nach Paul Quinns Gefühlsreigen „Will U Ever Be Inside Of You“ veröffentlichen die Betreiber nun ein weiteres Stück schottischer Seelensuche.
Graham Skinner, einst Chef von Hipsway, und Douglas Maclntyre, früher Gitarrist bei Love & Money, sind ebenfalls Übertreibungskünstler, die schon im Plattentitel ganz dick auftragen. Den Gruppen-Namen entlehnten sie bei Dylans „Blonde On Blonde“: „With your spanish manners and your mother’s drugs/ And your cowboy mouth and curfew clogs/ Who among them could resist you…“ Natürlich niemand, wie schon Dylan wußte und Skinner & Maclntyre sowieso. Männermusik für jene Stunden also, in denen allenfalls noch Freunde wie Jack, Jim und Johnny helfen können. „Einsame Nächte, gebrochene Herzen, enttäuschte Träume“: Läßt sich darüber noch singen? Ist das schon Meta-Klischee? Oder Hollywood?
Dennoch zelebrieren Cowboy Mouth nicht die eigene Weinerlichkeit. Die gemeinsame Bewunderung für Hank Williams und Memphis-Soul wird ergänzt um den schnodderigen Lakonismus von Lou Reed und die reflektierte Romantik von Lloyd Cole – auch er ein Schotte, aber nach Amerika emigriert. Seltsam träge bewältigt das Quintett die überraschend schlicht instrumentierten Songs. „I’m so glad you’re happy now“, heuchelt eine lebensmüde Stimme in „Letter From L.A.“. „I hope you’re happy now“ wünschte schon Elvis Costello einer Frau – was wie eine Verwünschung klang und auch so gemeint war. Cowboy Mouth schwören: „I Won’t Let It Happen Again“.
Das sagen sie jetzt.